Auf den ersten Blick mag es erstaunen. Die Schweizer Bevölkerung tickt in ihrer Mehrheit alles andere als links oder wirtschaftsfeindlich. Im Gegenteil. Und doch hat es die Linke einmal mehr geschafft, eine wirtschaftsfreundliche Vorlage, hinter der Bundesrat und Parlament standen, zu versenken.
Schon die Unternehmenssteuerreform III scheiterte 2017 am Volks-Nein, genauso wie die Erhöhung der Kinderabzüge 2020. Jetzt also die dritte krachende Niederlage für die bürgerliche Parlamentsmehrheit bei einer Steuersenkungsvorlage innerhalb von nur fünf Jahren.
Kreis der betroffenen Firmen ist klein
Ein Grund für diese neuerliche Abfuhr ist in der Vorlage selbst zu suchen. Die Emissionsabgabe mag nicht die sinnvollste aller Steuern sein, aber sie betrifft schlicht zu wenig Unternehmen und Menschen, als dass in der Bevölkerung ein Leidensdruck bestehen würde und eine Betroffenheit hätte entstehen können.
Nur gerade 0.4 Prozent aller Unternehmen müssen diese Stempelabgabe zahlen. Und ein Teil der betroffenen Unternehmen ist so potent, dass ihnen die einprozentige Steuer kaum wehtut. Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger glaubten darum auch nicht, dass die Abschaffung dieser Steuer den Wirtschaftsstandort Schweiz spürbar stärken würde.
Blutleere Kampagne der Befürworter
Umso stärker fällt ein zweiter Grund für die Ablehnung ins Gewicht: Die Ja-Kampagne wurde viel weniger emotional geführt als die Nein-Kampagne. Zu wenig Unternehmerinnen und Unternehmer, zu wenig Wirtschaftsvertreter engagierten sich mit Herzblut für die Abschaffung der Stempelsteuer.
Ganz anders das Nein-Lager, welches die eigenen Leute mobilisierte und gerade in der Person von SP-Finanzpolitikerin Jacqueline Badran eine emotionale und wortgewaltige Meinungsführerin fand. Im Gegensatz dazu wirkte die Ja-Kampagne mit dem Daumen nach oben und dem Slogan «KMU stärken. Arbeitsplätze sichern.» blutleer.
Zeitpunkt des Urnengangs spielte Gegnern in die Hände
Hinzu kommt: Im Verlauf des Abstimmungskampfs kamen Zweifel an einem Hauptargument der Befürworter der Abschaffung auf. Nämlich, dass die Stempelsteuer gerade für KMUs und Start-ups eine grosse Belastung darstelle. Zumindest das «K» wackelte massiv, als die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger erfuhren, dass Kapitalerhöhungen bis zu einer Million Franken sowieso von der Steuer befreit sind.
Natürlich spielte auch der Zeitpunkt dieser Abstimmung der linken Gegnerschaft in die Hände. Der Bund musste sich zur Bewältigung der Corona-Krise mit über 30 Milliarden Franken zusätzlich verschulden. Das ist kein Moment, in dem die Bevölkerung eine Steuersenkung im Umfang von 250 Millionen Franken, die ausserdem nur sehr Wenigen zugutekommt, mit einem Achselzucken durchwinkt. Steuersenkungen müssen besser begründet sein, wenn sie eine Mehrheit finden sollen.