Das Ja zur Initiative für ein Tabakwerbeverbot kann durchaus als historisch bezeichnet werden: Zum ersten Mal wurde eine Initiative, welche die Tabakwerbung ins Visier nahm, angenommen.
Die erste Initiative dieser Art wurde 1979 deutlich abgelehnt, die zweite 1993 sogar haushoch. Auch die Initiative «Schutz vor Passivrauchen», die in eine ähnliche Richtung zielte, stiess 2012 auf wenig Gegenliebe beim Souverän.
Schon die erste Volksinitiative «gegen Suchtmittelreklame» zielte wie die aktuelle auf den Schutz der Jugend. Ein Plakat der Aktion für die Gesundheit der Sektion Basel zeigte ein Skelett, das aus einem Kioskhäuschen heraus einem Kind eine Zigarette anbot. Basel-Stadt war der einzige Kanton, der die Initiative annahm. 59 Prozent der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger insgesamt sagten im Februar 1979 Nein.
Die Volksinitiative «Zur Verminderung der Tabakprobleme» kam 1993 wie die vorherige im Doppelpack: als «Zwillingsinitiative» zusammen mit «Verminderung der Alkoholprobleme». Beide forderten ein totales Werbeverbot. Das war den Räten zu viel und dem Volk auch: Knapp 75 Prozent der Stimmenden waren dagegen. Frauen waren der Initiative allerdings stärker gewogen, und zwar um 18 Prozent – so eine deutliche Geschlechterdifferenz hatte es bis dahin noch nie gegeben.
Zwei Jahre später verstärkte der Bundesrat dennoch seinen Kampf gegen die Nikotin-Abhängigkeit: Er beschloss, bis 1999 jährlich 2.5 Millionen Franken in die Tabakprävention zu investieren. Das sei «ein fernes Echo» auf die 1993 verworfenen «Zwillingsinitiativen», mutmasste damals Gesundheitsministerin Ruth Dreifuss.
Der Widerstand gegen die Verminderung des Tabakkonsums verrauchte schon seit den 1970er-Jahren allmählich: 1978 wurden Warnhinweise auf Zigarettenschachteln eingeführt. 1983 stellte die Comicfigur Lucky Luke das Rauchen ein. Seit 1991 gilt das Tabakwerbeverbot in Radio und Fernsehen. Seit 1993 verlangt das Arbeitsgesetz rauchfreie Arbeitsplätze.
Die Swissair war ab 1996 auf Europa- und ab 1998 auf Interkontinentalflügen rauchfrei. 2005 tat es ihr die SBB gleich. 2006 war «Rauchverbot» das Wort des Jahres, und 2010 wurde das Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen eingeführt. Die Initiative von 2012 wollte es verschärfen – der Bundesrat nannte das «Zwängerei». Der Souverän fand das auch und schickte die Initiative mit 66 Prozent Nein bachab.
Tabakwerbung im Wandel der Zeit
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Bild 1 von 13Legende: In den 1980er-Jahren nahm der US-geführte Krieg gegen das Rauchen Fahrt auf. Doch schon zum Anfang des Jahrhunderts riefen puritanische Sittenwächter zum Kreuzzug gegen das Laster auf. Es blieb ein frommer Wunsch: Rauchverbote in 14 US-Bundesstaaten wurden bald wieder aufgehoben. Die Jugendstil-Bewegung erhob Zigarettenwerbung zur Kunstform. Keystone
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Bild 2 von 13Legende: Deutschland erwacht – und hustet: Die Nazis verboten im 2. Weltkrieg das Rauchen in Trams und Zügen. Auch der Passivraucher ist historisch belastet – er wurde von der NS-Propaganda «erfunden». Heinrich Himmler, der «Architekt» des Holocaust, untersagte seinen SS-Schergen das Rauchen im Dienst. British Medical Journal, 1996 (Original 1941).
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Bild 3 von 13Legende: «Die deutsche Frau raucht nicht!», donnerte Adolf Hitler. Einst selbst Kettenraucher war er überzeugt, dass das Laster den «Volkskörper» zersetzt. Marlene Dietrich ignorierte das Machtwort des Führers: Die legendäre Schauspielerin und Sängerin emigrierte in die USA. Niemand rauchte so schön wie sie. Imago
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Bild 4 von 13Legende: Die einschlägigen Studien der Nationalsozialisten fanden international wenig Beachtung. Es brauchte einen Briten, um den Zusammenhang von Lungenkrebs und Rauchen in die weite Welt zu tragen. Die Tabakindustrie reagierte und holte eine Zweitmeinung ein: Die (Werbe-)Männer im weissen Kittel versprachen sorgenfreien Rauchgenuss. R. J. Reynolds Tobacco Company, 1952
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Bild 5 von 13Legende: Aus heutiger Sicht grotesk, damals herzerweichend: Mutter mit Säugling und Zigarettenschachtel. Noch in den 1950ern verkaufte die Werbung Rauchen als selbstverständlichen Teil des Familienlebens. Philip Morris, 1956
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Bild 6 von 13Legende: Beat Wyss strahlte einst als Parisienne-Mann von den Plakatwänden. Später schuf er kritische Distanz zum Glimmstengel: Als Professor für Kunst- und Mediengeschichte erforschte er die Kulturgeschichte des Rauchens. British American Tobacco Switzerland, 1971
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Bild 7 von 13Legende: Fluppe gegen Strohhalm – ein fairer Tausch? Der schnellste Colt im Wilden Westen verlor in den 1980ern zwar jede Coolness; dafür vergab die Weltgesundheitsorganisation WHO einen Spezialpreis an seinen Zeichner. Ehapa-Verlag, 1983
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Bild 8 von 13Legende: Ikone des 20. Jahrhunderts: Der Marlboro-Mann ist die bekannteste Werbefigur aller Zeiten. Er prägte nicht nur das Bild des Cowboys, sondern auch das Selbstverständnis der USA. Bis heute steht der qualmende Kuhhirte für Freiheitsdrang, Unabhängigkeit und Testosteron. Kurz: das «land of the free». Keystone
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Bild 9 von 13Legende: Der Schweizer Künstler Hannes Schmid wurde auch wegen seiner stilbildenden Fotografien des Marlboro-Mannes bekannt. Später nahm er das Motiv neu auf und überhöhte die Figur in monumentalen, ultrarealistischen Gemälden. Keystone
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Bild 10 von 13Legende: Start-Ziel-Sieg für das schnellste Marlboro-Päckchen der Welt...Pardon: Ayrton Senna. Jahrzehntelang kämpften die Multis um die Pole. Das Feld glich einer Kiosk-Auslage. Schliesslich beugten sich die Rennställe den strengen EU-Regularien von 2003. Schrittweise verzichteten sie rund um den Globus auf die Lackierungen – und Abermillionen Werbegelder. Reuters
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Bild 11 von 13Legende: «Bob, ich habe Krebs.» Die Werbe-Ikone ermunterte die Weltgesundheitsorganisation WHO zu humoristischen Höhenflügen. In einer Antiraucher-Kampagne zur Jahrtausendwende haben die Marlboro-Männer offenbar Gesprächsbedarf. Keystone
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Bild 12 von 13Legende: Ihm sah man’s nach: Helmut Schmidt, der letzte gefeierte Raucher. In Amt und Würden einer unter vielen, stieg der Bundeskanzler a.D. in Talk-Shows zum Rebellen auf. Als US-Präsident Obama am G7-Gipfel von Ende Mai in einem verdächtigen Päckchen wühlte, flogen ihm in seiner Heimat keine Herzen zu. Keystone/Archiv
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Bild 13 von 13Legende: In der EU müssen Zigarettenschachteln künftig zu zwei Dritteln mit Schockbildern bedruckt werden. In der Schweiz hat der politische Arm der Tabakindustrie mehr Erfolg: Die Nahtoderfahrung auf dem Zigi-Päckli steht nicht zur Debatte. Auch, weil die Lobby mächtig ist: Japan Tobacco, Philip Morris und British American Tobacco sind hier ansässig. Keystone