Selten waren sich Bundesrat, Parlamentarierinnen und Vertreter verschiedenster Interessengruppen so einig. Einer breiten Front ist die Initiative für ein Tier- und Menschenversuchsverbot zu radikal. Im Parlament hat die Vorlage keine einzige Stimme erhalten. Dementsprechend wird laut GFS-Umfrage im Auftrag der SRG auch die Bevölkerung klar Nein stimmen am 13. Februar. Gerade einmal 26 Prozent der Befragten sind dafür.
In der «Abstimmungs-Arena» versuchte Renato Werndli von der IG Tierversuchsverbotsinitiative Boden gutzumachen. Rund 556’000 Tiere sind 2020 bei Versuchen zum Einsatz gekommen.
«Unzählige Studien von Forschungsmethodikern kommen zum Schluss, dass Tierversuche unzuverlässig sind, weil Tiere sich nicht als Messgeräte eignen», sagte Werndli. Eine grosse Zahl der durchgeführten Tierversuche ergäben Resultate, die sich gar nicht auf den Menschen übertragen liessen.
Der Allgemeinmediziner nannte Parkinson und Alzheimer als «Paradebeispiele» dafür, dass Tierversuche unnötig seien. Seit Jahrzehnten werde mit Tierversuchen an passenden Medikamenten geforscht und dennoch habe man bisher keine Lösung dagegen.
Werndli glaubt, die Forschung wäre schon viel weiter, wenn sie nie auf Tierversuche gesetzt, stattdessen aber Alternativmethoden gefördert hätte. Letztere würden von der Politik systematisch benachteiligt.
Beide Seiten fordern weniger Tierversuche
Die Gegnerinnen und Gegner der Vorlage teilten in der Sendung grundsätzlich die Vision der Initianten. Auch sie finden, es bestehe Handlungsbedarf, auch sie wollen möglichst ohne Versuche am lebendigen Tier auskommen. Das absolute Verbot sei zu diesem Zeitpunkt aber der falsche Weg, sagte SP-Nationalrätin Gabriela Suter.
«Wenn die Initiative angenommen wird, wird es in zwei Jahren keine neuen Medikamente mehr geben», so Suter. Das gehe ihr entschieden zu weit. Die Initiative würde «nach dem Prinzip Hoffnung» funktionieren. Aber es gebe auch eine Verantwortung gegenüber den Menschen.
Wie sich in der «Arena» gezeigt hat, führt das Tierversuchsverbot unweigerlich zu einer ethischen Grundsatzdebatte. Emotional diskutiert wurde die Frage, ob sich der Mensch über das Tier stellen darf.
Aus der Sicht der Tierschützerin Edith Zellweger sind Tierversuche zusammen mit der Landwirtschaft «das grösste Verbrechen der Menschheitsgeschichte». Tiere in Versuchslaboren hätten traurige Schicksale. «Dieses Leid kann sich ein Mensch mit gesundem Menschenverstand gar nicht vorstellen», sagte Zellweger, die auch schon an Tierbefreiungsaktionen beteiligt war. «Tierfolter im Namen der Wissenschaft muss aufhören.»
Michael Hengartner, Präsident des ETH-Rates, der selbst jahrelang an Fadenwürmern geforscht hat, sagte, Tierversuche seien immer eine moralische Gratwanderung. «Ziel der Forschung und der Universitätsspitäler ist es, dass man neue Methoden entwickelt, um Patienten zu helfen und dazu braucht es Wissen.»
Experimente seien Teil dieses Prozesses. Tiere kämen in der Forschung aber nur zum Einsatz, wenn dies erforderlich sei. Er erinnerte daran, dass auch Tiere von Versuchen an Tieren profitierten.
Grundverschiedene Haltung
Die «Abstimmungs-Arena» hat gezeigt: Wenn es um Tier- und sogenannte Menschenversuche geht, prallen unterschiedliche Grundhaltungen aufeinander.
Das Wissen, das für die eine Seite mit Blick auf den gesellschaftlichen Nutzen so bedeutend ist, verliert für die andere wegen der Experimente an Tier und Mensch grundsätzlich an Wert.