Ziel des Pestizidverbots sei, dass alle Menschen in der Schweiz Zugang zu gesunden und ökologisch produzierten Lebensmitteln hätten und auf synthetische Pestizide in allen Lebensbereichen verzichtet werde, sagt Dominik Waser vom Initiativkomitee.
Der Totalverzicht würde dazu führen, dass in der Schweiz nur noch Bio-Lebensmittel produziert und importiert würden. Die Folgen würden viele zu spüren bekommen, warnt Bauern-Präsident Markus Ritter: «Es würde nicht nur die Landwirtschaft sehr stark betreffen, sondern wegen des Importverbots solcher pflanzlicher Lebensmittel auch Verarbeitung und Handel und damit die Konsumentenschaft.»
Umstritten: Folgen für Selbstversorgung
Ein Gutachten der Universität St. Gallen im Auftrag von Bauernverband und Lebensmittelindustrie kommt zum Schluss, dass bei einem Pestizidverbot in der Schweiz ein Drittel weniger Lebensmittel produziert würden. «Der Selbstversorgungsgrad würde von heute 60 auf 45 Prozent sinken», erklärt Studienautor Charles Gottlieb und verweist auf entsprechende Zahlen der Bundesanstalt Agroscope.
Wie stark, hänge vom Produkt ab. Am grössten werde der Rückgang bei Zuckerrüben, Obst und Kartoffeln sein, deutlich kleiner bei Milch und Getreide.
Der Selbstversorgungsgrad würde von heute 60 auf 45 Prozent sinken.
Waser vom Initiativkomitee hält die Zahlen für übertrieben: Der Produktionsrückgang betrage durchschnittlich zirka 20 Prozent. Zudem müsse einkalkuliert werden, was bei Pestiziden und Dünger – auch zugunsten der Umwelt – eingespart werde.
Der Produktionsrückgang beträgt durchschnittlich zirka 20 Prozent.
Waser bezieht sich dabei auf eine Studie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (Fibl).
Umstritten: Folgen für Lebensmittelpreise
Eine weitere umstrittene Frage ist, welche Folgen die Umstellung auf die Lebensmittelpreise hätte. Für Bauern-Präsident Ritter steht fest, dass in einem Bioland Schweiz die Preise stark steigen würden: «Die Konsumenten würden in der Schweiz, aber auch bei den Importen, rund 30 bis 40 Prozent höhere Lebensmittelpreise bezahlen.»
Die Konsumenten müssten in der Schweiz, aber auch bei den Importen, rund 30 bis 40 Prozent höhere Lebensmittelpreise bezahlen.
Die Auftragsstudie von HSG-Ökonom Gottlieb stützt diese Aussage allerdings nicht. Er rechnet nur damit, dass die Produktionspreise bei Bio-Produktion mit Sicherheit steigen würden, da Biolandwirte einen höheren Aufwand hätten als konventionelle Bauern. Er betont aber gleichzeitig: «Aussagen zu Konsumentenpreisen sind schwierig, da sie vom Preissetzungsverhalten der Lebensmittelketten abhängen.» Und das sei nicht transparent.
Man gehe sehr stark von Preissteigerungen aus, heisst es bei der IG Detailhandel, welche die Interessen von Coop, Migros und Denner vertritt und die Initiative ablehnt. Das Ausmass hänge allerdings stark davon ab, wie und wo die Lebensmittel künftig beschafft würden.
Rechtlich umstritten: Importverbot
Juristin Elisabeth Bürgi, Expertin für nachhaltigen Handel an der Universität Bern, äussert rechtliche Zweifel: «Das Importverbot ist eine sehr einschneidende Massnahme und auf den ersten Blick nicht vereinbar mit WTO- oder EU-Recht.»
Allerdings hat das Parlament die Möglichkeit, die Initiative später in der Verfassung völkerrechtskonform umzusetzen, wie Bürgi betont. Und könnte zum Beispiel statt eines Importverbots für alle mit synthetischen Pestiziden produzierten Lebensmittel nur ein Einfuhrverbot für die mit besonders gefährlichen Pestiziden produzierten Orangen oder Kartoffeln erlassen. Denn ein differenziertes Verbot könne mit dem Schutz der Umwelt begründet werden.