Falls die Aargauer Stimmbevölkerung am 15. Mai die Amtsenthebungsinitiative annimmt, dann verhilft das einer bereits verschwundenen Partei «posthum» zu ihrem grössten Erfolg. Eingereicht wurde die Initiative nämlich von der BDP, die in der Zwischenzeit aber aufgelöst wurde. Es darf bereits als Leistung für die Ex-Partei gewertet werden, dass die Initiative «Zur Schaffung der Möglichkeit der Amtsenthebung» von Regierung und Kantonsparlament zur Annahme empfohlen wird. Die Bürgerlich-Demokratische Partei existiert im Aargau wie in anderen Kantonen seit der Fusion mit der CVP bzw. «Die Mitte» nicht mehr.
Mit der Unterschriftensammlung für die Initiative begann die BDP 2019, als der Niedergang der Partei bereits abzusehen war. Es sei aber kein Mittel gewesen, um nochmals auf die BDP aufmerksam zu machen und die Partei doch noch zu retten, meint das ehemalige Aargauer BDP-Aushängeschild Bernhard Guhl. Er sass für die Aargauer BDP acht Jahre im Nationalrat, wurde aber 2019 abgewählt.
Für die Sache – aber auch als Werbung
Auslöser der Initiative sei der Fall des Genfer Staatsrats Pierre Maudet gewesen. Dieser war wegen einer Reise nach Abu Dhabi in die Kritik und wegen Bestechungsvorwürfen auch ins Visier der Justiz geraten. Maudet wurde in der Folge zwar aus der FDP ausgeschlossen, er blieb aber als Parteiloser in der Kantonsregierung. Für einen solchen Fall bräuchte man eine Amtsenthebungsinitiative, wie es sie zum Beispiel im Kanton Graubünden schon gebe, sagt Guhl. Juristisch abgeschlossen ist das Verfahren gegen Maudet allerdings noch nicht, eine allfällige Amtsenthebung hätte somit auch noch nicht stattfinden können.
Natürlich sei es in einem gewissen Sinne auch eine Werbemassnahme für seine kriselnde Partei gewesen, so Bernhard Guhl. Es sei aber immer vor allem um die Sache gegangen. Guhl gibt zu, dass das Thema Amtsenthebung nicht sehr nahe am Alltag der Bevölkerung ist. Die nötigen Unterschriften habe man aber trotz Corona zusammengebracht. Die Amtsenthebungsinitiative wurde im Juni 2020 eingereicht.
Guhl ergänzt, dass es selten sei, dass der Regierungsrat eine Initiative zur Annahme empfehle – genauso wie die Mehrheit des Grossen Rates. Das Anliegen sei folglich breit abgestützt und habe seine Daseinsberechtigung, auch wenn die BDP als ursprüngliche Initiantin verschwunden sei.
Die Chancen stehen gut
Zum Zeitpunkt, als die BDP ihre Initiative eingereicht hat, war die Fusion mit der CVP bereits aufgegleist. Anfang 2021 schlossen sich die beiden Parteien zu «Die Mitte» zusammen. Im Kantonsparlament wurde das Geschäft danach von Mitgliedern der neuen Partei vertreten.
Das letzte Zeichen der Bürgerlich-Demokratischen Partei im Aargau ist nun ihre Volksinitiative, die am 15. Mai zur Abstimmung kommt. Die Chancen für eine Annahme stehen gut. Alle Parteien ausser der FDP empfehlen ein Ja. Ihren grössten politischen Erfolg könnte die Aargauer BDP also noch nach ihrem Verschwinden feiern.