Die Stimmberechtigten entscheiden am 15. Mai 2022 über die Änderung des Transplantationsgesetzes. Gegen die Neuregelung der Organspende hatte ein überparteiliches Komitee das Referendum ergriffen.
Ziel der Vorlage
In den vergangenen fünf Jahren haben in der Schweiz im Schnitt jährlich rund 450 Menschen eines oder mehrere Organe einer verstorbenen Person erhalten. Der Bedarf wäre allerdings wesentlich grösser. Um die Chancen von Patientinnen und Patienten zu erhöhen, ein Organ zu erhalten, wollen Bundesrat und Parlament darum die Organspende neu regeln. Sie sind der Meinung: Wer nach seinem Tod keine Organe spenden möchte, muss dies künftig explizit festhalten.
Das ist neu
Bei der Organspende gilt in der Schweiz aktuell die sogenannte Zustimmungslösung: Eine Transplantation ist nur dann möglich, wenn der oder die Verstorbene der Spende zu Lebzeiten zugestimmt hat. Bundesrat und Parlament schlagen nun einen Strategiewechsel vor: weg von der Zustimmungs- hin zur Widerspruchslösung. Liegt kein dokumentierter Wille vor, wird davon ausgegangen, dass die Person grundsätzlich mit der Organspende einverstanden ist. Angehörige können eine Transplantation ablehnen. Sind diese nicht erreichbar, dürfen keine Organe entnommen werden. Um den Willen einfach, sicher und datenschutzkonform festzuhalten, wird der Bund ein neues Register schaffen.
Abstimmungstext
Drei Argumente dafür
- Die Widerspruchslösung kann dazu beitragen, die Zahl der Organspenden zu erhöhen. Eine Organspende kann die Lebenszeit verlängern oder Leben retten.
- Mit dem geänderten Transplantationsgesetz ist in Zukunft klarer, wer spenden möchte und wer nicht.
- Die neue Regelung kann Angehörige entlasten, weil sie im Todesfall nicht stellvertretend im Sinne des Verstorbenen entscheiden müssen.
Drei Argumente dagegen
- Die angestrebte Widerspruchslösung verletzt das in der Verfassung garantierte Recht auf Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit.
- Zu jedem medizinischen Eingriff braucht es eine umfassende Aufklärung und eine Einwilligung. Dass es zur Organentnahme dieses Ja nicht mehr brauchen soll, ist unethisch.
- Es ist unrealistisch, alle Betroffenen lückenlos korrekt aufzuklären, so dass sie umfassend informiert einer Organspende widersprechen und sich im Register eintragen können.
Abstimmungsempfehlungen
Bundesrat und Parlament empfehlen die Änderung des Transplantationsgesetzes zur Annahme. Im Nationalrat sprachen sich 141 Mitglieder dafür aus, 44 dagegen. Im Ständerat wurde die Vorlage mit 31 zu 12 Stimmen gutgeheissen.