Nach dem Ja zum Transplantationsgesetz und zur sogenannten Widerspruchslösung treibt eine Frage die SRF-Community um: Nämlich, ob zusätzliche Organspenden die Kosten für das Gesundheitssystem und Krankenkassenprämien steigen lassen. Zwei Experten beantworten diese Frage – und sind sich nicht in allen Punkten einig.
Die Niere als Beispiel der Kostensenkung
Der Bundesrat hat diesbezüglich bereits vor der Abstimmung klar Stellung bezogen. In einer 2020 veröffentlichten Botschaft des Bundesrats wurde auf eine mögliche Kostensenkung am Beispiel der Niere hingewiesen. «Die Nierentransplantation erhöht bei chronischen Nierenerkrankungen im Vergleich zur Dialyse die Lebenserwartung, verbessert die Lebensqualität und ist zudem für die Gesellschaft weniger kostspielig», heisst es im Schreiben.
Auch für Franz Immer, Direktor Swisstransplant, ist klar, dass die Kosten im Gesundheitswesen mit dem Ja zur Widerspruchslösung mittel- bis langfristig sinken werden. Man wisse, dass die Transplantation eine sehr kosteneffiziente Behandlung sei, gerade bei Nierentransplantationen. «Wir gehen davon aus, dass mittel- bis langfristig die Spenderzahlen ansteigen werden und somit die Transplantationsaktivität.»
Am Beispiel der Niere könne klar gesagt werden, dass die Kosten sinken werden, da diese Patienten an der sogenannten Dialyse, der Blutwäsche, sind. Fällt diese Blutwäsche mit einer Nierentransplantation weg, dann erspare man sicher rund 100'000 Franken Kosten pro Jahr. Eine Niere funktioniere 20 Jahre und die Transplantationskosten seien geringer als die Dialysekosten. «Das heisst, jede transplantierte Niere spart gesamthaft rund 1.5 Millionen Gesundheitskosten und gibt eine gute Lebensqualität und Erwerbsfähigkeit wieder zurück», sagt Immer.
Sinkende Kosten auch bei anderen Transplantationen möglich
Doch inwiefern ist die Nierentransplantation repräsentativ für die allgemeine Kostensenkung bei Transplantationen? Auch bei Herz- und Lebertransplantationen erwartet Immer einen Rückgang der Kosten.
Da bei diesen Transplantationen die Patienten meistens bereits sehr krank seien, bevor sie transplantiert werden können, entstehen hohe Gesundheitskosten bis zur Transplantation. Deshalb sei auch hier mit einem Kosteneffekt zu rechnen, wenn häufiger und schneller transplantiert werden könne, argumentiert der Swisstransplant-Direktor.
Nur indirekte Kosten könnten sinken
Jürg Steiger, Chefarzt Transplantationsimmunologie am Universitätsspital Basel, ist weniger optimistisch. Denn die reinen Gesundheitskosten würden vermutlich nicht sinken, wenn zum Beispiel mehr Lebertransplantationen durchgeführt werden. «Natürlich hat man nicht so lange Intensivstationsaufenthalte, wie wenn jemand stirbt an Leberversagen», argumentiert Steiger. Doch wenn nachher noch jemand 20 bis 30 Jahre lebe, mit dieser Leber, kämen die Medikamentenkosten hinzu – das wären circa 10'000 bis 20'000 Franken pro Jahr.
Steiger stimmt hingegen zu, dass die indirekten Kosten laut Berechnungen tatsächlich sinken könnten, weil betroffene Patienten durch eine Transplantation erwerbsfähig bleiben könnten.