Was bedeutet die Willensbekundung für oder gegen die Organspende? Künftig gilt jede Person als Spenderin oder Spender von Organen und Gewebe, ausser sie definiert zu Lebzeiten, dass sie nicht spenden will. Eine verstorbene Person ist also ohne anders lautende Willensbekundung grundsätzlich mit einer Organspende einverstanden. Wenn die Person ihren Willen nicht festgehalten hat und keine Angehörige erreicht werden können, dürfen keine Organe oder Gewebe entnommen werden.
Ab wann gilt das neue Gesetz? Die neue Regelung kann frühestens 2024 eingeführt werden. Dies, weil zuerst Details zur Umsetzung im Verordnungsrecht geregelt werden müssen. Zudem muss ein Register aufgebaut und eine breite Kampagne zur Information der Bevölkerung ausgearbeitet werden. Der genaue Zeitpunkt der Umstellung ist noch nicht bekannt. Bis dahin gilt weiterhin die erweiterte Zustimmungslösung. Dabei können nur dann Organe entnommen werden, wenn die verstorbene Person zu Lebzeiten einer Organspende zugestimmt hat.
Können Angehörige mitreden? Hat eine verstorbene Person eine Organspende zu Lebzeiten nicht ausdrücklich abgelehnt, soll diese grundsätzlich zulässig sein. Die Angehörigen müssen aber in jedem Fall einbezogen werden und können eine Entnahme ablehnen, wenn dies dem mutmasslichen Willen der verstorbenen Person entspricht. Sind keine nächsten Angehörigen erreichbar, ist eine Entnahme unzulässig. Die «nächsten Angehörigen» sind die Lebensgefährten, Kinder, Eltern, Geschwister, Grosseltern oder weitere Personen, die mit der verstorbenen Person eng verbunden waren.
Was muss ich tun, wenn ich nicht spenden möchte? Es wird wie beim Covid-Zertifikat eine staatliche Lösung geben. Der Bund wird ein neues Register schaffen. Darin kann sich jede Person eintragen, wenn sie eine Organspende nach dem Tod ablehnt. Dafür müssen mindestens Name, Adresse und AHV-Nummer angegeben werden. Es ist auch möglich, die Zustimmung festzuhalten oder die Zustimmung auf bestimmte Organe einzuschränken. Eine Person kann ihren Eintrag jederzeit ändern.
Was gilt für einen in der Schweiz tödlich verunfallten, ausländischen Touristen? Die Widerspruchslösung wird auch für Touristinnen und Touristen gelten. Wenn jedoch keine eindeutige Willensäusserung vorliegt, müssen auch hier immer die nächsten Angehörigen angefragt werden. Nur wenn diese nicht widersprechen, ist eine Entnahme von Organen und Geweben möglich. Die Angehörigen müssen dabei den mutmasslichen Willen der betroffenen Person berücksichtigen. Sind keine Angehörigen erreichbar, ist eine Entnahme verboten.
Welche Personengruppen sind von der Änderung betroffen? Wie bis anhin dürfen Jugendliche ab 16 Jahren auch unter der erweiterten Widerspruchslösung ihren Willen zu einer Spende selbständig und verbindlich festhalten. Für Jugendliche ab 16 Jahren werden dieselben Regeln gelten wie für Erwachsene. Mit der derzeitigen wie auch der neuen Lösung wird bei jüngeren Kindern und Jugendlichen sowie urteilsunfähigen Personen – so etwa Menschen mit einer schweren geistigen Behinderung – die erweiterte Zustimmungslösung mit Entscheid der Angehörigen oder des rechtlichen Vormunds angewendet.
Wie wird der Tod einer Person festgestellt? Der Tod wird nach den Richtlinien der Schweizerischen Akademie für Medizinische Wissenschaften (SAMW) von zwei Fachärzten oder -ärztinnen diagnostiziert, welche nicht zum Transplantationsteam gehören. Während der ganzen Zeit würden die Angehörigen mit in den Entscheidungsprozess einbezogen, erklärt Renato Lenherr, Oberarzt des Instituts für Intensivmedizin am Universitätsspital Zürich. «Es ist schwierig zu beschreiben, aber man merkt als Angehöriger vor Ort durchaus, wenn das Gehirn einer Person abgestorben ist.»