Was bedeutet die Willensbekundung für oder gegen die Organspende? Künftig gilt jede Person als Spenderin oder Spender von Organen und Gewebe, ausser sie definiert zu Lebzeiten, dass sie nicht spenden will. Eine verstorbene Person ist also ohne anders lautende Willensbekundung grundsätzlich mit einer Organspende einverstanden. Wenn die Person ihren Willen nicht festgehalten hat und keine Angehörige erreicht werden können, dürfen keine Organe oder Gewebe entnommen werden.
Ab wann gilt das neue Gesetz? Die neue Regelung kann frühestens 2024 eingeführt werden. Dies, weil zuerst Details zur Umsetzung im Verordnungsrecht geregelt werden müssen. Zudem muss ein Register aufgebaut und eine breite Kampagne zur Information der Bevölkerung ausgearbeitet werden. Der genaue Zeitpunkt der Umstellung ist noch nicht bekannt. Bis dahin gilt weiterhin die erweiterte Zustimmungslösung. Dabei können nur dann Organe entnommen werden, wenn die verstorbene Person zu Lebzeiten einer Organspende zugestimmt hat.
Zur Information über Organspende sind Bund und Kantone bereits heute per Gesetz verpflichtet. Mit seiner Organspende-Kampagne informiert das Bundesamt für Gesundheit (BAG) seit Jahren. Nach dem Ja zum Transplantationsgesetz möchte es seine Anstrengungen in diesem Bereich verstärken: Stehen aktuell rund 1.5 Millionen Franken jährlich dafür zur Verfügung, so sei vorgesehen, «diesen Betrag in den ersten drei Jahren nach der Einführung einer Widerspruchslösung um 1 Million auf rund 2.5 Millionen Franken zu erhöhen», schreibt das BAG auf Anfrage.
In einer Ausschreibung wolle das BAG dafür eine Kommunikationsagentur suchen. Luft nach oben gibt es: Nach einer Evaluation der bisherigen BAG-Kampagne zur Organspende zeige sich, «dass die Bevölkerung noch nicht genügend informiert ist», heisst es in einer externen Studie im Auftrag des BAG Ende 2021. Damit die Widerspruchslösung verfassungskonform sei, so stellte der Bundesrat selber fest, sei eine «intensive Information der Bevölkerung unabdingbar». Ob die Umsetzung gelingt, hängt also im Wesentlichen davon ab, ob die Information tatsächlich alle erreicht. (SRF-Bundeshausredaktor Gaudenz Wacker).
Können Angehörige mitreden? Hat eine verstorbene Person eine Organspende zu Lebzeiten nicht ausdrücklich abgelehnt, soll diese grundsätzlich zulässig sein. Die Angehörigen müssen aber in jedem Fall einbezogen werden und können eine Entnahme ablehnen, wenn dies dem mutmasslichen Willen der verstorbenen Person entspricht. Sind keine nächsten Angehörigen erreichbar, ist eine Entnahme unzulässig. Die «nächsten Angehörigen» sind die Lebensgefährten, Kinder, Eltern, Geschwister, Grosseltern oder weitere Personen, die mit der verstorbenen Person eng verbunden waren.
Was muss ich tun, wenn ich nicht spenden möchte? Es wird wie beim Covid-Zertifikat eine staatliche Lösung geben. Der Bund wird ein neues Register schaffen. Darin kann sich jede Person eintragen, wenn sie eine Organspende nach dem Tod ablehnt. Dafür müssen mindestens Name, Adresse und AHV-Nummer angegeben werden. Es ist auch möglich, die Zustimmung festzuhalten oder die Zustimmung auf bestimmte Organe einzuschränken. Eine Person kann ihren Eintrag jederzeit ändern.
Wie kann ich meinen Willen festhalten?
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Der Willen für oder gegen eine Organspende kann wie folgt festgehalten werden:
Register des Bundes: Der Bund wird ein Register schaffen, worin man seinen Willen für oder gegen eine Spende festhalten kann. Er wird zu gegebener Zeit über die Verfügung des Registers informieren. Zugriff auf das Register werden laut BAG nur jene Personen in einem Spital haben, die für Organspenden zuständig sind und bereits heute klären, ob eine Spende gewollt ist.
Spendekarte: Die Spendekarte muss die Person bei sich tragen oder an einem Angehörigen bekannten Ort hinterlegen. Darin wird festgehalten, ob und welche Organe und Gewebe man spenden will. Die Daten auf der Spendekarte werden nicht registriert. Die Karte kann man kostenlos bestellen oder drucken.
Patientenverfügung: Darin wird festgehalten, welche medizinischen Massnahmen ergriffen werden sollen, wenn man wegen Unfall oder Krankheit nicht mehr selber bestimmen kann. Auch der Wille der Organspende kann darin definiert werden. Sie ist so aufzubewahren, dass sie wiedergefunden wird.
Elektronisches Patientendossier (EPD): Im EPD werden einerseits Dokumente mit Informationen, die die persönliche Gesundheit betreffen, abgelegt. Andererseits wird festgehalten, wer auf diese Infos zugreifen darf. Die Spendekarte kann ebenfalls hinterlegt werden. Das Dossier befindet sich im Aufbau und ist noch nicht in allen Kantonen verfügbar.
Der Wille zur Organspende kann nicht in einem Testament festgehalten werden, da dieses erst nach dem Tod eröffnet wird.
Was gilt für einen in der Schweiz tödlich verunfallten, ausländischen Touristen? Die Widerspruchslösung wird auch für Touristinnen und Touristen gelten. Wenn jedoch keine eindeutige Willensäusserung vorliegt, müssen auch hier immer die nächsten Angehörigen angefragt werden. Nur wenn diese nicht widersprechen, ist eine Entnahme von Organen und Geweben möglich. Die Angehörigen müssen dabei den mutmasslichen Willen der betroffenen Person berücksichtigen. Sind keine Angehörigen erreichbar, ist eine Entnahme verboten.
Welche Personengruppen sind von der Änderung betroffen? Wie bis anhin dürfen Jugendliche ab 16 Jahren auch unter der erweiterten Widerspruchslösung ihren Willen zu einer Spende selbständig und verbindlich festhalten. Für Jugendliche ab 16 Jahren werden dieselben Regeln gelten wie für Erwachsene. Mit der derzeitigen wie auch der neuen Lösung wird bei jüngeren Kindern und Jugendlichen sowie urteilsunfähigen Personen – so etwa Menschen mit einer schweren geistigen Behinderung – die erweiterte Zustimmungslösung mit Entscheid der Angehörigen oder des rechtlichen Vormunds angewendet.
Wie wird der Tod einer Person festgestellt? Der Tod wird nach den Richtlinien der Schweizerischen Akademie für Medizinische Wissenschaften (SAMW) von zwei Fachärzten oder -ärztinnen diagnostiziert, welche nicht zum Transplantationsteam gehören. Während der ganzen Zeit würden die Angehörigen mit in den Entscheidungsprozess einbezogen, erklärt Renato Lenherr, Oberarzt des Instituts für Intensivmedizin am Universitätsspital Zürich. «Es ist schwierig zu beschreiben, aber man merkt als Angehöriger vor Ort durchaus, wenn das Gehirn einer Person abgestorben ist.»
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