Das deutliche Ja des Stimmvolks zur Klimaschutzvorlage ist das Hauptthema der Präsidentenrunde der Bundesratsparteien. Dabei zeigt sich: Die Vorstellungen, wie der Weg hin zum Netto-Null-Ziel bis 2050 erreicht werden kann, gehen bei den Parteichefs von SVP, SP, FDP und Mitte stark auseinander.
SP-Co-Präsident Cedric Wermuth zeigt sich «sehr erleichtert», dass das Klimaschutz-Gesetz angenommen worden ist. Er spricht von einer «Zeitenwende», die heute erreicht worden sei. «Wir müssen jetzt die öffentlichen Investitionen noch mehr ausbauen», betont er.
Es brauche jetzt den politischen Willen, um den Weg hin zum Ziel zu konkretisieren. Denn die technischen Mittel für die Energiewende seien vorhanden.
Wichtig ist, dass beim weiteren Vorgehen jetzt Mass gehalten wird.
FDP-Präsident Thierry Burkart betont: «Das Gesetz ist deutlich besser als das CO₂-Gesetz vor zwei Jahren.» Es beinhalte keine Verbote und Zusatzkosten für die Bürgerinnen und Bürger. «Wichtig ist, dass beim weiteren Vorgehen jetzt Mass gehalten wird.» Ganz seiner FDP verpflichtet, spricht sich Burkart auch gegen weitere Subventionen aus.
Das Klimaschutz-Gesetz ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung.
Im Klimaschutz-Gesetz sieht Mitte-Präsident Gerhard Pfister einen Auftrag an die Politik: «Es ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung» – auch wenn in den kommenden Jahren noch viel zu tun sei.
Als einzige Bundesratspartei hatte die SVP gegen die Klimaschutzvorlage gekämpft. Vizepräsidentin Magdalena Martullo-Blocher sagt: «Wir werden die Befürworter beim Wort nehmen – dass es jetzt nicht doch zu Verboten kommt.»
Die Atomfrage
Ihre Partei werde sehr aufmerksam mitverfolgen, wie es weitergehe und sich dabei auch für die Atomkraft starkmachen. Es sei für den Wirtschaftsstandort überlebenswichtig, dass auch in Zukunft genügend Strom verfügbar sei – und das zu bezahlbaren Preisen.
Wir werden jetzt sehr genau darauf schauen, dass es nicht doch zu Verboten kommt.
Dass für die Mehrproduktion von Elektrizität riesige Investitionen nötig sind, ist allen Parteipräsidenten klar. Und: «Es müssen jetzt rasch Hürden abgebaut werden – es kann nicht sein, dass man 20 Jahre lang über die Erhöhung einer Staumauer diskutiert», betont FDP-Chef Burkart.
Er fordert wie Martullo-Blocher, dass man vorerst weiterhin auf die Kernenergie setzen müsse – vor allem auch, weil für ihn Gaskraftwerke angesichts des Netto-Null-Ziels bei Treibhausgasausstoss keine valable Alternative darstellen.
Man müsse sowohl über den Weiterbetrieb der laufenden AKWs in der Schweiz diskutieren als auch darüber, ob nicht doch neue Werke gebaut werden sollten, so Burkart.
Der Bau eines neuen AKWs wäre frühestens in 15 oder 20 Jahren Realität – das ist viel zu spät.
Kaum Unterstützung für die AKW-Pläne werden SVP und FDP von der Mitte erhalten: «Das Risiko ist zu gross, dass dadurch die alternativen Energien zu wenig stark ausgebaut werden», befürchtet Pfister. Zwar sei es legitim, die Atomfrage wieder aufs politische Tapet zu bringen – allerdings schliesse er derzeit aus, dass es dafür eine Mehrheit im Volk gibt.
Auch Wermuth macht sich gegen die Atomkraft und dafür für einen schnellen Ausbau von Solar- und Windenergie stark. «Der Bau eines neuen AKWs wäre frühestens in 15 oder 20 Jahren Realität – das ist viel zu spät», so der SP-Co-Präsident.
Immerhin: In der grundsätzlichen Frage, ob sie allenfalls bereit sind, Lenkungsabgaben zu unterstützen, zeigt sich keiner der vier Parteichefs völlig verschlossen.
Vielleicht liegt hier also eine Massnahme, mit der die sehr hoch gesteckten Ziele des Klimaschutz-Gesetzes in den nächsten 27 Jahren erreicht werden können.