Zum Inhalt springen
Video
Landwirtin Tanja Müller: «Für uns ist es eine Existenzfrage.»
Aus News-Clip vom 09.09.2022.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 50 Sekunden.

Abstimmungs-«Arena» Wie viel ist uns das Tierwohl wert?

Bei der Debatte um die Massentierhaltungs-Initiative stand zwar das Tierwohl im Zentrum, aber letztlich dominierten die Preise für die tierischen Produkte. Für Bäuerinnen und Bauern ist es eine Existenzfrage, für die Tierschützer eine Grundsatzfrage ums Tierwohl.

Würde die Massentierhaltungsinitiative angenommen, müsste Tanja Müller, Landwirtin mit einem Schweinemast-Betrieb im luzernischen Ebersecken, den Tierbestand um ein Viertel einschränken. «Das ist für uns eine Existenzfrage», sagte sie in der «Arena» am Freitagabend. Sie habe immer ins Tierwohl auf ihrem Hof investiert. «Doch nun fühle ich mich wie eine Verbrecherin.»

Die Initiative gegen die Massentierhaltung, über die am 25. September abgestimmt wird, will die Würde des Tieres in der Landwirtschaft in der Verfassung verankern. In der Schweiz sollen, etwa in puncto Auslauf oder Platzverhältnisse, mindestens die Vorgaben der Bio Suisse-Richtlinien von 2018 gelten.

Video
Darum geht es in der Massentierhaltungsinitiative
Aus News-Clip vom 09.09.2022.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 24 Sekunden.

Das Ziel sei eine tiergerechte Landwirtschaft in der Schweiz, erklärte Mitinitiant Philipp Ryf. Nur 13 Prozent der Nutztiere hätten beispielsweise heute Auslauf in der Schweiz. Das seien unhaltbare Zustände. «Die Leute wären vorsichtiger mit dem Konsum, wenn sie wüssten, wie Fleisch in der Massenproduktion hergestellt wird», sagte Ryf.

Die Gäste in der «Arena»

Box aufklappen Box zuklappen

Als Befürworter der Initiative:

  • Daniel Jositsch, Ständerat SP/ZH und Stiftungsrat Stiftung für das Tier im Recht
  • Meret Schneider, Nationalrätin Grüne/ZH und Mitinitiantin
  • Philipp Ryf, Co-Präsident Sentience Politics und Co-Kampagnenleiter Initiativkomitee
  • Alfred Schädeli, Demeter-Bauer und Präsident Verein für biologisch-dynamische Landwirtschaft

Seitens der Gegnerinnen der Initiative sind vertreten:

  • Petra Gössi, Nationalrätin FDP/SZ und Präsidentin Föderation der Schweizerischen Nahrungsmittel-Industrien
  • Markus Ritter, Nationalrat Die Mitte/SG und Präsident Schweizer Bauernverband
  • Mike Egger, Nationalrat SVP/SG und Leiter Geschäftsentwicklung Micarna
  • Tanja Müller, Landwirtin und Mitglied Suisseporcs

Moderiert von Sandro Brotz.

Befürworterinnen fordern bessere Qualität

Die Initiative ziele weit an der Marktrealität vorbei, sagte hingegen Mitte-Nationalrat Markus Ritter, denn Label-Produkte würden kaum gekauft. Heute betrage der Marktanteil von Bio-Produkten 11 Prozent.

Wird die Initiative angenommen, steigen also die Preise für Tierprodukte.
Autor: Markus Ritter Mitte-Nationalrat und Präsident Schweizer Bauernverband

«Ein Bio-Bauer braucht doppelt so lange, bis ein Tier das Schlachtgewicht erreicht hat, er braucht mehr Futtermittel, grössere Ställe, der Aufwand ist insgesamt grösser», so Mitte-Nationalrat Ritter. Damit liessen sich die höheren Preise von Bio-Produkten erklären. «Wird die Initiative angenommen, steigen also die Preise für Tierprodukte, und zwar für die Konsumentinnen und Konsumenten, den Handel sowie die Gastronomie», warnte Ritter.

Man zahlt etwas mehr, erhält aber auch bessere Qualität.
Autor: Meret Schneider Mitinitiantin und Grüne-Nationalrätin

Die Preise würden tatsächlich etwas steigen, sagte Meret Schneider, Mitinitiantin und Grüne-Nationalrätin. «Ich finde es etwas irritierend, dass gerade Bauern, die für faire Preise für ihre Produkte und Arbeit einstehen müssten, hier für möglichst günstige Lebensmittel werben.» Lebensmittel, vor allem tierische Produkte, müssten wieder mehr wertgeschätzt werden. «Man zahlt etwas mehr, dafür erhält man aber auch bessere Qualität.» Mit Blick auf Ressourcen, Umwelt und Gesundheit sei es zudem sinnvoll, eine Reduktion des Fleischkonsums zu erwirken.

Das sei offensichtlich eine Bevormundung der Konsumentinnen und Konsumenten, entgegnete FDP-Nationalrätin Petra Gössi. Den Schweizerinnen und Schweizern werde vorgeschrieben, nur noch Bio-Produkte essen zu dürfen, kein konventionelles Fleisch mehr. Das schränke etwa Familien ein, die sich solche nicht leisten könnten.

Gegner sorgen sich um Versorgungssicherheit

Die Gegnerinnen und Gegner der Initiative betrieben «Angstmacherei», kritisierte derweil SP-Ständerat Daniel Jositsch. Es gehe lediglich um die industrielle Produktion, um Betriebe, wo das Tierwohl systematisch verletzt werde. «Es redet niemand davon, die gesamte Landwirtschaft zu bestrafen.»

Video
SP-Nationalrat Daniel Jositsch: «Die Initiative legt eine würdevolle Tierproduktion fest.»
Aus News-Clip vom 09.09.2022.
abspielen. Laufzeit 2 Minuten 17 Sekunden.

SVP-Nationalrat Mike Egger bestreitet aber, dass es hierzulande noch Massentierhaltung gibt. «Wir haben in der Schweiz das strengste Tierschutzgesetz der Welt», sagte er. Wenn man dagegen verstosse, habe das «knallharte Konsequenzen», bis zur Schliessung des Betriebs. Vielmehr sei es eine «Antitierwohlinitiative». «Wir wären auf mehr Importprodukte angewiesen, die man kaum kontrollieren kann.»

Anders als Landwirtin Tanja Müller befürwortet Alfred Schädeli, Demeter-Bauer in Wernetshausen im Kanton Zürich und Präsident des Vereins für biologische-dynamische Landwirtschaft, die Vorlage. «Wir haben gemerkt, dass es den Tieren mit Auslauf und überschaubaren Gruppengrössen besser geht.» Die Initiative sei deshalb ein Meilenstein in Sachen Tierwohl.

Wie viel dem Stimmvolk das Tierwohl wirklich wert ist, wird sich am Abstimmungssonntag zeigen.

«Arena», 09.09.2022

Jederzeit top informiert!
Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden.
Schliessen

Jederzeit top informiert!

Erhalten Sie alle News-Highlights direkt per Browser-Push und bleiben Sie immer auf dem Laufenden. Mehr

Push-Benachrichtigungen sind kurze Hinweise auf Ihrem Bildschirm mit den wichtigsten Nachrichten - unabhängig davon, ob srf.ch gerade geöffnet ist oder nicht. Klicken Sie auf einen der Hinweise, so gelangen Sie zum entsprechenden Artikel. Sie können diese Mitteilungen jederzeit wieder deaktivieren. Weniger

Sie haben diesen Hinweis zur Aktivierung von Browser-Push-Mitteilungen bereits mehrfach ausgeblendet. Wollen Sie diesen Hinweis permanent ausblenden oder in einigen Wochen nochmals daran erinnert werden?

Meistgelesene Artikel