Meret Schneider ist Mitinitiantin der Massentierhaltungsinitiative und Nationalrätin der Grünen. In der SRF-Sendung Arena brachte sie ihr Anliegen auf den Punkt: «Wir sollten zurück zum Sonntagsbraten: Also ein- bis zweimal pro Woche Fleisch essen, aber solches von Tieren, die ein einigermassen gutes Leben hatten.»
Tatsächlich hat sich der Fleischkonsum in der Schweiz immer wieder verändert. Die Schweizer Historikerin Gisela Hürlimann sagt, es fehle zwar die exakte Datenlage, aber der Fleischkonsum sei früher viel tiefer gewesen. Gutes Fleisch, meist Rindfleisch, sei bis etwa 1900 etwas für Privilegierte gewesen.
Erst um 1950 wurde Fleisch für die breite Masse zugänglich. Damals wurden rund 30 Kilogramm pro Kopf und Jahr gegessen. Dann sei der Konsum angestiegen, so Hürlimann. «Wir beobachten seit 1950 zwei Entwicklungen: Einerseits wird aus dem Rinderland Schweiz mit Bratwurst, Voressen oder Sonntagsbraten ein Land des Schweinefleischkonsums mit Cervelat, Schweineschnitzel und Kotelett. Zweitens geht der Trend in den letzten 20 Jahren zu einem deutlich tieferen Fleischkonsum.»
Poulet ist auf dem Vormarsch
Während der Gesamtfleischkonsum in den letzten Jahren stagniert oder leicht zurückgeht, essen Schweizerinnen und Schweizer immer mehr Poulet. Dies, da es als gesund und fettarm gilt, erklärt der Direktor des Schweizer Bauernverbands, Martin Rufer.
Pro Jahr und Person essen Herr und Frau Schweizer 51 Kilogramm Fleisch. Davon sind 26 Kilogramm Schweinefleisch und 14 Kilogramm Huhn. Das sei viel zu viel, sagt der Landwirtschaftsberater Eric Meili. «Wir müssen unseren Fleischkonsum reduzieren. Dabei müssen wir aber genau hinschauen, welches Fleisch wir reduzieren.»
Nicht nur weniger Fleisch, sondern auch anderes
Meili war 30 Jahre lang am Forschungsinstitut für biologischen Landbau (Fibl) tätig. Für ihn sei vor allem die intensive Poulet- und Schweinefleischproduktion problematisch. Dies da dafür hochwertiges Getreide den Tieren verfüttert wird, das eigentlich Menschen ernähren könnte.
Wir müssen verhindern, dass unsere Tiere den Armen auf dieser Welt das Getreide wegfressen. Das kann weder moralisch noch ethisch die Lösung sein.
Die Schweiz sei ein Grasland und auf Wiederkäuer wie Kühe ausgerichtet. «Wir müssen verhindern, dass unsere Tiere den Armen auf dieser Welt das Getreide wegfressen. Das kann weder moralisch noch ethisch die Lösung sein.»
Da die Massentierhaltung beim Poulet- und Schweinefleisch ansetzt, gehe die Massentierhaltungsinitiative in die richtige Richtung.
«Die Initiative führt zu mehr Fleischimport»
Ganz anders sieht dies der Schweizer Bauernverband, der die Initiative bekämpft. Rufer sagt, man könne den Konsumentinnen und Konsumenten nicht befehlen, was sie essen sollten und was nicht.
«Diese Initiative würde dazu führen, dass die Produktion von Poulet in der Schweiz massiv zurückgehen würde. Wir rechnen mit einem Minus von 90 Prozent.»
Wir importieren bereits heute rund 50’000 Tonnen Poulet – teilweise aus Ländern mit sehr laschen Schutzbestimmungen.
Rufer befürchtet, dass der Konsum trotz der Initiative nicht weniger würde und dadurch mehr Fleisch importiert werden würde. «Wir importieren bereits heute rund 50’000 Tonnen Poulet – teilweise aus Ländern mit sehr laschen Schutzbestimmungen.»
Fleischproduktion und Fleischkonsum: Hoch emotional und umstritten. Wessen Argumente mehr überzeugen, wird sich bei der Abstimmung am 25. September 2022 zeigen.