Beihilfe zu Suizid ist in der Schweiz erlaubt. In vielen Alters- und Pflegeheimen ist das Thema indes tabu. Rund die Hälfte der Walliser Heime verschliessen sich dem assistierten Suizid, so etwa das Seniorenzentrum in Naters, das grösste Walliser Alters- und Pflegeheim.
Ich befürchte, dass bei einer Annahme des Gesetzes ein massiver Druck auf die Bewohnenden entstehen könnte.
Dessen Stiftungsratspräsident Albert Bass wehrt sich vehement gegen die Vorlage: «Ich befürchte, dass bei einer Annahme des Gesetzes ein massiver Druck auf unsere Bewohnerinnen und Bewohner entstehen könnte. Viele sehen sich als finanzielle Last und werden dann vielleicht lieber aus dem Leben scheiden.» In seinen Augen fördert das Gesetz unüberlegte Handlungen und weckt Schuldgefühle bei denen, die weiterleben wollen. Das sei eine gefährliche Entwicklung.
Anders wird die Sachlage im Alters- und Pflegeheim Englischgruss in Brig-Glis beurteilt. Vor sechs Jahren wurde hier der Entscheid getroffen, die Türen für Sterbehilfe-Organisationen zu öffnen.
Es ist nicht an uns als Institution, moralisch zu urteilen.
Man habe sich den Entscheid nicht leicht gemacht, sagt Heimleiter Manfred Hertli. «Doch es ist nicht an uns als Institution, moralisch zu beurteilen, was die richtige Art von Sterben ist.»
Für Manfred Hertli ist die Autonomie der Bewohnerinnen und Bewohner das Wichtigste. «Wir begleiten Betroffene in jedem Fall mit palliativen und seelsorgerischen Massnahmen. Auch bei uns steht die Bejahung des natürlichen Todes im Vordergrund. Es ist für uns jedoch absolut gleichwertig und möglich, einen anderen Weg zu gehen.»
Klare Mehrheit im Kantonsparlament
Das neue Gesetz will nun einheitliche Rahmenbedingungen für Beihilfe zum Suizid in den Institutionen schaffen. Im Walliser Kantonsparlament, dem Grossen Rat, wurde es mit einer klaren Mehrheit von fast zwei Drittel angenommen. Im deutschsprachigen Wallis ist die Vorlage stärker umstritten, vor allem die Mitte und die SVP bekämpfen das Gesetz.
Romano Amacker, Präsident der SVP Oberwallis, begründet folgendermassen: «Der Tod ist etwas sehr Persönliches. Es gibt Altersheime, die sich entschieden haben, die assistierte Sterbehilfe in ihren Räumlichkeiten zuzulassen und andere haben sich dagegen ausgesprochen.» Ihm ist die Autonomie der Heime sehr wichtig. «Es ist falsch, dass man die Altersheime zwingen und damit bevormunden will, die Sterbehilfe anzubieten.»
Autonomie für wen?
Die Gegner pochen also auf die Autonomie der Heime – die Befürworter auf die Autonomie des Individuums. Claudia Alpiger, Co-Präsidentin der SP Oberwallis, sagt: «Es geht hier vor allem um die Achtung der Autonomie der Heimbewohnerinnen und -bewohner und somit auch um ihr Recht, selbst zu bestimmen, wann, wo und wie sie aus dem Leben scheiden wollen. Es kann nicht sein, dass sich ein Heimbewohner zum Sterben ein Hotelzimmer nehmen muss.»
Sollte die Abstimmungsvorlage am 27. November angenommen werden, wäre der Kanton Wallis einer der wenigen Kantone in der Schweiz, welche die Beihilfe zum Suizid in Alters- und Pflegeheimen gesetzlich geregelt haben.