- FDP, Grüne, SVP, SP, Grünliberale und Mitte-Partei werben gemeinsam für ein Nein zur Volksinitiative «Bestimmung der Bundesrichterinnen und Bundesrichter im Losverfahren (Justiz-Initiative)».
- Ein Losverfahren für Richterwahlen gefährde die demokratische Legitimität der Richter.
- Alle Fraktionen im National- und Ständerat sind sich einig: Am 28. November müsse die Justiz-Initiative abgelehnt werden, hiess es in Bern.
Im aktuellen System garantierten die Parlamentarierinnen und Parlamentarier eine ausgewogene Besetzung des Bundesgerichts nach Geschlechtern, Sprachen und politischen Weltanschauungen. Laut FDP-Ständerat Andrea Caroni (AR) ist die demokratische Legitimation des Bundesgerichts ein zentrales Element des Rechtsstaats. «Wenn man eine Umfrage am Bundesgericht machen würde, wie die Bundesrichter ins Amt kommen möchten, wäre die Antwort klar: Sie möchten gewählt – und nicht ausgelost werden.»
Die Initiative sei auch inkonsequent, weil sie das Losverfahren nur für das Bundesgericht einführen wolle. Bei allen anderen Gerichten würde das bisherige System bestehen bleiben. Man wüsste also, von welcher Partei die Richter kommen, erklärte Caroni, das für die Initianten eigentliche Problem bleibe bestehen.
Bundesgericht «ist kein Casino»
Das Bundesgericht sei auch kein «Casino», sagte SP-Nationalrätin Laurence Fehlmann Rielle (GE). «Eine Lotterie darf das demokratische System nicht ersetzen.» Das Losverfahren werde auch den komplexen Aufgaben, mit denen sich Bundesrichter befassen würden, nicht gerecht.
«Zentral bei der Ausführung des Bundesrichteramtes ist das richterliche Ermessen, das in ein Urteil einfliesst», führte Nationalrat Beat Flach (GLP/AG) aus. «Ohne dieses Ermessen können wir auch einen Computer, der mathematisch ausrechnet, wie das Urteil aussieht, als Richter einsetzen.» Schliesslich werde auch beim Losverfahren die Frage gestellt, was für eine Persönlichkeit sich für das Amt zur Verfügung stelle. «Dann würde man auch fragen, welcher Partei der Kandidat am nächsten steht.»
Es leuchte auch nicht ein, die Kompetenz für die Wahl der Kommission, die das Losverfahren durchführen solle, dem Bundesrat zu übertragen, sagte der Genfer Nationalrat Nicolas Walder (Grüne). Mit diesem Schritt würden Entscheide von Bundesrichterinnen und Bundesrichtern nicht breiter akzeptiert – im Gegenteil. Das vom Volk gewählte Parlament repräsentiere ja den Volkswillen.
Losverfahren – in der Wirtschaft undenkbar
«In der Wirtschaft würde niemand Personalentscheide aufgrund eines Losverfahrens durchführen», führte Ständerätin Heidi Z'graggen (Mitte/UR) aus. Personalentscheide müssten von Menschen getroffen werden. Zudem sei die regelmässige Wiederwahl oder eben auch Nicht-Wiederwahl «zentral für die Legitimierung der Richter». Die Auswahl per Los verhindere die Wiederwahl alle sechs Jahre.
«Das Losverfahren würde dazu führen, dass schlechter qualifizierte guten Richtern vorgezogen würden», sagte Nationalrätin Barbara Steinemann (SVP/ZH). Das Initiativkomitee könne schliesslich in keinem einzigen Fall aufzeigen, dass Richter beeinflusst worden seien. «Parteipolitik wird am Bundesgericht ganz bestimmt nicht betrieben», sagte Steinemann.