- Pattsituation bei der Initiative für ein Verhüllungsverbot: 49 Prozent wollen gemäss SRG-Umfrage ein Ja in die Urne legen, 47 Prozent lehnen die Vorlage derzeit ab.
- Im Vergleich zur ersten Umfrage konnte das Nein-Lager Boden gutmachen. Ein Ja zur Initiative kann aber nicht ausgeschlossen werden.
- Die Entscheidung fällt in der politischen Mitte: Neu lehnt neben der linken auch eine sehr knappe Mehrheit der GLP-Wählerschaft die Initiative ab.
Soll in der Schweiz ein Verhüllungsverbot eingeführt werden? Diese Frage beantworten zurzeit 49 Prozent mit Ja, 47 Prozent mit Nein. 4 Prozent sind noch unschlüssig. Dies geht aus der SRG-Umfrage hervor, die das Forschungsinstitut gfs.bern durchgeführt hat.
Starke Links-rechts-Polarisierung
«Links ist die Sache ebenso klar, wie sie rechts ist», sagt Martina Mousson von gfs.bern. Bei den Wählerinnen und Wählern der Mitte-Partei und der FDP sei ein Angleich an die Parteiparolen – die Parteien lehnen die Initiative ab – im Gang. «Beide Wählergruppen sind mehrheitlich für das Anliegen. Der Trend geht allerdings Richtung Nein.» Auch bei der GLP-Basis sagt neu die Hälfte der Befragten Nein, Mitte Januar waren es noch 46 Prozent.
«Es passiert, was bei Initiativen häufig passiert: Das Nein baut sich über den Kampagnenverlauf auf», so die Meinungsforscherin. «Man spricht nicht mehr nur über das Problem, das eine Initiative adressiert, sondern vielmehr über die Lösung, die sie vorschlägt – die dann auch Kritik findet.» Das Nein-Lager hat sich bei allen Wählergruppen ausser der SVP-Basis seit der ersten Befragung im Januar vergrössert.
Auch in den Sprachregionen hat es im Vergleich zur ersten Befragung Verschiebungen gegeben. In der Romandie ist die hohe Zustimmung zur Vorlage um ganze 17 Prozentpunkte gesunken und in ein Nein gekippt. In der Deutschschweiz ist aus einem deutlichen Ja ein hauchdünnes geworden. Am meisten Zuspruch findet die Vorlage nach wie vor in der italienischsprachigen Schweiz.
Neben dem politischen Graben spielt das Alter eine wichtige Rolle für das Abstimmungsverhalten. «Jüngere sind kritischer gegenüber dem Verhüllungsverbot als ältere Stimmberechtigte», so Mousson. Bei den unter 40-jährigen Befragten liegt die Ablehnung bei fast 60 Prozent. Über 40-Jährige befürworten mehrheitlich die Vorlage.
Frauen kippen ins Nein
Mitte Januar gaben noch 58 Prozent der Frauen an, Ja stimmen zu wollen. Die Stimmung ist mittlerweile gekippt: Bei der zweiten Befragung sank die weibliche Zustimmung auf 46 Prozent. Auch hier zeigt sich ein Graben: Männer bringen einem Verhüllungsverbot mehr Sympathien entgegen als Frauen. Sie stimmen trotz Nein-Trend weiterhin mehrheitlich für die Vorlage.
Die Initiative «Ja zum Verhüllungsverbot» ist zwar auch als «Burka-Initiative» bekannt, sie will aber ein generelles Verhüllungsverbot in die Verfassung schreiben. Damit könnte auch gegen vermummte Demonstrierende vorgegangen werden. Mehrere Kantone kennen bereits ein solches Vermummungsverbot, darunter Bern, Zürich und Basel-Stadt.
Für die Gewährleistung der Sicherheit reiche ein solches einfaches Verbot für spezielle Situationen, führen denn auch die Gegner der Initiative ins Feld. Und dieses Argument ist laut den Meinungsforschern eines der wirksamsten für das Nein-Lager. Punkten können die Initianten hingegen mit dem Verständnis, dass es zur Schweizer Kultur gehöre, sein Gesicht zu zeigen.
Die emotionale, dynamische Debatte macht es laut gfs.bern schwierig, den weiteren Verlauf der Meinungsbildung abzuschätzen. Im Normalfall setze sich ein Nein-Trend fort. Die Initiative könnte aber trotzdem durchkommen, weil die Befürworter bei der Mobilisierung noch Luft nach oben hätten, sagt Politologin Mousson. Grüne und SP-Wählerschaften seien bereits stark mobilisiert.