- Die Aargauer Polizeien dürfen den gesamten öffentlichen Raum neu in Echtzeit per Videokamera überwachen, so steht es in einer Notverordnung.
- Diese hat die Kantonsregierung am Mittwoch in Kraft gesetzt. Sie gilt vorerst maximal sechs Monate.
- Mit der ausgebauten Videoüberwachung könne die Polizei während der Corona-Pandemie das vom Bundesrat angeordnete Verbot von Menschenansammlungen besser kontrollieren.
- Das sei sonst mit den beschränkten Kräften kaum möglich, begründet der Regierungsrat den Entscheid.
Gemäss der Notverordnung der Aargauer Regierung dürfen die Polizeien, ob Kantons-, Stadt- oder Regionalpolizei, ab sofort bestehende Videoüberwachungsanlagen öffentlich zugänglicher Räume zur Echtzeitüberwachung einsetzen. Die Polizei habe so die Möglichkeit einer «virtuellen Patrouille», begründet der Regierungsrat.
Ausserdem darf die Polizei nun auch ohne Bewilligung der kantonalen Datenschützerin neue, zusätzliche Überwachungskameras zur Echtzeitüberwachung installieren oder die Videoüberwachung von Privaten anzapfen, beispielsweise von Läden oder Banken. Wichtig dabei ist einzig, dass auf die Videoüberwachung hingewiesen wird, schreibt die Regierung in der Notverordnung. Es handle sich somit nicht um eine verdeckte Überwachung.
In der Praxis kaum grössere Änderungen?
Zumindest theoretisch dürften die Aargauer Polizeien nun also eine Überwachungsoffensive starten und öffentliche Plätze, Parkanlagen, Schul- und Parkhäuser oder auch Strassen und Spazierwege live überwachen und allenfalls entdeckte grössere Versammlungen auflösen.
In der Praxis sei ein grosser Ausbau der Videoüberwachung allerdings nicht sehr realistisch, heisst es auf Anfrage bei Kantons- und Regionalpolizei. Es sei technisch nicht so einfach alle möglichen zusätzlichen Kameras in eine Live-Überwachung auf dem Polizeiposten einzubinden. Und auch die Anschaffung und Installation neuer Kameras für einen begrenzten Zeitraum sei schwierig.
Beim Ausmass der Videoüberwachung wird es wohl auch regionale Unterschiede geben. So sind zum Beispiel in der Stadt Baden schon jetzt rund 300 Kameras im öffentlichen Raum installiert, auf welche die Polizei grösstenteils auch Zugriff hat. In Aarau dagegen gibt es bedeutend weniger Videoüberwachung.
Dennoch erhalten alle Polizeien nun während der Coronakrise weitgehende Zusatzkompetenzen in Bezug auf die Videoüberwachung des öffentlichen Raumes. Die Notverordnung des Kantons ist maximal sechs Monate gültig. Die Regierung kann allerdings falls nötig weitere Notverordnungen erlassen.