«Dieses Ergebnis muss dem Bundesrat zu denken geben», sagte der damalige SVP-Präsident Toni Brunner am 9. Februar 2014 nach dem überraschenden Ja zur SVP-Masseneinwanderungsinitiative (MEI). Das Resultat gab in der Tat zu denken – und zu streiten.
Die SP- und FDP-Präsidenten Christian Levrat und Philipp Müller schoben sich in der Elefantenrunde am Abstimmungssonntag gegenseitig die Schuld in die Schuhe für ihre Niederlage.
Die Frage der Umsetzung
Doch das Volk hatte entschieden und die damalige Justizministerin, Bundesrätin Simonetta Sommaruga, versprach den Volkswillen ernst zu nehmen. «Der Entscheid ist gefällt und er gilt. Wir werden den Entscheid jetzt umsetzen.»
Doch mit der Umsetzung haperte es. So wollte der Bundesrat zuerst einmal vom Parlament hören, welche Vorschläge es zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative hat.
Das Volk hat beschlossen, dass es keine Personenfreizügigkeit will.
Am Ende der mehrstündigen Debatte sagte der damalige SVP-Nationalrat Christoph Blocher, das Volk habe etwas beschlossen, das den Nationalrätinnen und -räten nicht passe. «Das Volk hat beschlossen, dass es keine Personenfreizügigkeit will», rief Blocher in den Saal.
Brüssel verweigert Verhandlungen
Die SVP machte von Anfang an Druck und warf dem Bundesrat Untätigkeit vor, noch bevor die Landesregierung ihre Vorschläge präsentiert hatte. Diese Art missfiel etwa der damaligen FDP-Fraktionschefin Gabi Huber.
Sie forderte im Rat die SVP zur Respektierung der Institutionen auf. «Sie sollte nicht schon zwei Wochen später mit einer Durchsetzungsinitiative drohen.»
Der Bundesrat aber lief in Brüssel mehrmals auf. So liess die EU mehrfach verlauten, es gebe nichts zu verhandeln. Die Personenfreizügigkeit sei unantastbar.
Für Bundesrat und alle Parteien ausser der SVP war deshalb klar, eine Zuwanderungsbegrenzung kommt nur mit und nicht gegen die EU infrage. Deshalb wurden Schutzklauseln und Höchstzahlen schon früh verworfen.
Umsetzung light – das gefällt der SVP nicht
Stattdessen setzte die Politik auf den Inländervorrang. So soll das inländische Arbeitskräftepotenzial besser genutzt werden, ohne an der Personenfreizügigkeit zu kratzen. Man einigte sich also auf eine Meldepflicht von offenen Stellen und arbeitslosen Personen.
Diese Meldepflicht gilt allerdings nur in Branchen, in welchen die Arbeitslosigkeit hoch ist. Justizministerin Sommaruga bezeichnete diese Art der Umsetzung der Initiative als «tyischen Schweizer Kompromiss».
Der Inländervorrang light gilt jetzt seit dem 1. Juli 2018. Light wird er deshalb genannt, weil die Arbeitgeber nach wie vor frei sind, wen sie am Schluss einstellen. Es gibt also keine Pflicht, zwingend Inländer einzustellen.
Die SVP war mit dieser Umsetzung freilich nicht zufrieden und lancierte als Antwort die Begrenzungsinitiative, über die das Schweizer Volk Ende September abstimmen wird.