Nach dem Rücktritt von Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf könnte es zu einer Rochade im Bundesrat kommen. Über die Departementsverteilung entscheidet das Gremium.
Dabei wird die Anciennität berücksichtigt: Die Bundesratsmitglieder, die am längsten im Amt sind, dürfen ihre Wünsche zuerst anmelden. Führt dies zu keiner Einigung, stimmt der Bundesrat über die Departementsverteilung ab.
Der Sitz von Eveline Widmer-Schlumpf (BDP) dürfte an die SVP gehen. Denkbar ist, dass Verteidigungsminister Ueli Maurer (SVP) das Finanzdepartement übernimmt und dem neuen SVP-Bundesrat die Armee überlässt. Zu den Wunschdepartementen der SVP gehört indes auch das Justiz- und Polizeidepartement (EJPD).
Jedenfalls hatte die Partei im Wahlkampf Interesse am Departement mit dem Asyldossier angemeldet. Sie griff die Justizministerin Simonetta Sommaruga (SP) an und erklärte SVP-Vertreter zu idealen «Asylministern». Ob das bloss Wahlkampfrhetorik war oder ob die SVP tatsächlich die Verantwortung für das Asyldossier übernehmen möchte, ist offen.
Abhängig von Kandidaten
Wie sich der Gesamtbundesrat dazu stellt, hängt wohl auch davon ab, welche Kandidaten die SVP aufstellt und wer am Ende gewählt wird. Fest steht, dass das neue Mitglied der Landesregierung seine Wünsche zuletzt anbringen kann.
Diese SVP-Namen kursieren als Bundesratskandidaten
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Bild 1 von 19. Guy Parmelin (SVP/VD). Der Weinbauer gilt als Kronfavorit der SVP. Er soll zu den Kandidaten zählen, die von der Findungskommission geprüft und für wählbar befunden wurden. Er selbst bestätigte sein Interesse am Amt mit den klaren Worten «ja, ich will». Der Waadtländer wird als kollegialer und kompetenter Politiker geschätzt. Bildquelle: Reuters.
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Bild 2 von 19. Heinz Brand (SVP/GR). Der Nationalrat gilt als Asylexperte. Er gehört zu den drei Topfavoriten der SVP. Die Findungskommission soll ihn für wählbar befunden haben. Der Bündner ist bislang unentschlossen, ob er kandidieren soll. Bildquelle: Reuters.
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Bild 3 von 19. Hannes Germann (SVP/SH). Die Schaffhauser SVP hat den Ständerat für die Bundesratswahlen nominiert. Germann gilt als sehr kompromissbereit. Er möchte aber nicht als «Abweichler» verstanden werden. Bildquelle: Keystone.
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Bild 4 von 19. Thomas Hurter (SVP/SH). Der Berufspilot ist bisher vor allem als Armeepolitiker aufgefallen. Nun hat ihn die Schaffhauser SVP für die Bundesratswahlen nominiert. Er zählt zu den Topfavoriten. Bildquelle: Reuters.
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Bild 5 von 19. Hansjörg Knecht (SVP/AG). Die Kantonalpartei würde den Grossmühlenbesitzer gerne im Bundesrat sehen. Auch die Findungskommission soll ihn zu den wählbaren Kandidaten zählen. In der vergangenen Legislatur ist er jedoch in der grossen Kammer kaum aufgefallen. Mittlerweile hat Knecht mitgeteilt, dass er nicht als Kandidat zur Verfügung stehe. Bildquelle: ZVG/SRG.
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Bild 6 von 19. Thomas de Courten (SVP/BL). Die Kantonalpartei setzt auf den 49-jährigen Wirtschaftsförderer und hat ihn «offiziell gemeldet». Auch die Findungskommission soll ihn als wählbar einstufen. Im Nationalrat ist er allerdings relativ unbekannt. De Courten bestätigte gegenüber der NZZ sein Interesse an einer Kandidatur. Bildquelle: ZVG/SRG.
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Bild 7 von 19. Adrian Amstutz (SVP/BE). Seine Wahl ist wenig wahrscheinlich, da bereits zwei Berner im Bundesrat sitzen. Auch winkte Amstutz bislang ab. Dennoch soll ihn die Findungskommission geprüft haben und für wählbar befinden. Amstutz will sich anscheinend als Notfall-Kandidat zur Verfügung stellen. Bildquelle: Keystone.
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Bild 8 von 19. Yves Nidegger (SVP/GE). Auch sein Name steht auf der Liste der wählbaren Kandidaten der Findungskommission. Aufgrund seiner pointierten Positionen dürfte der Rechtsanwalt aber nur Aussenseiterchancen haben. Bildquelle: Keystone.
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Bild 9 von 19. Rita Fuhrer (SVP/ZH). Die ehemalige Regierungsrätin (1995 bis 2010) wurde von den SVP Frauen als Bundesratskandidatin vorgeschlagen. Sie steht als solche grundsätzlich nicht zur Verfügung. Dennoch soll sie von der Findungskommission als wählbar eingestuft worden sein. Wie ihr Kollege Adriam Amstutz will sie, falls erforderlich, als Notfall-Kandidatin einspringen. Bildquelle: Keystone .
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Bild 10 von 19. Die Findungskommission soll neben Rita Fuhrer noch eine zweite Frau überprüft haben. Gemäss Recherchen der Schweiz am Sonntag soll es sich dabei um Sylvia Flückiger-Bäni (SVP/AG) handeln. Die seit 2007 amtierende Nationalrätin und Unternehmerin hat sich bislang nicht zu den Gerüchten geäussert. Bildquelle: Colourbox.
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Bild 11 von 19. Oskar Freysinger (SVP/VS) . Der Walliser Staatsrat war zwölf Jahre Nationalrat. Seit 2013 ist der ehemalige Gymnasiallehrer Mitglied der Walliser Regierung. Unlängst erklärte er sich zu einer Bundesratskandidatur «bereit». Bildquelle: Keystone .
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Bild 12 von 19. Albert Rösti (SVP/BE). Er gilt als moderat und wäre wohl auch für die Mitte valabel. Doch: Drei Berner im Bundesrat wären zu viel. Bildquelle: Reuters.
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Bild 13 von 19. Pierre Rusconi (SVP/TI). Seine Heimat wäre ein Trumpf: Der Kanton Tessin ist seit längerem nicht in der Regierung vertreten. Rusconi wurde allerdings abgewählt: Seinen Nationalratssitz übernimmt Parteikollege Marco Chiesa. Bildquelle: Keystone.
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Bild 14 von 19. Gregor Rutz (SVP/ZH). Der Zürcher gilt als SVP-Hardliner: Seine Chancen auf die notwendige Anzahl Stimmen der Abgeordneten wären deshalb wohl gering. Bildquelle: Keystone.
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Bild 15 von 19. Res Schmid (SVP/NW) . Der Regierungsrat bestätigte bisher seine Kandidatur nicht. Der Kampfjet-Pilot und Erziehungsdirektor wird zwar aufgrund seiner nicht allzu grossen Chancen von seiner Kantonspartei nicht vorgeschlagen. Diese steht aber dennoch hinter ihm, falls ihn die Findungskommission für wählbar befinden sollte. Bildquelle: Keystone .
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Bild 16 von 19. Roland Eberle (SVP/TG). Der Thurgauer Ständerat steht ebenfalls auf der Liste der wählbaren Kandidaten der Findungskommission. Nach eigenen Aussagen will Eberle aber nicht Bundesrat werden. Bildquelle: Keystone.
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Bild 17 von 19. Heinz Tännler (SVP/ZG). Der Zuger Baudirektor wurde kurz nach den Eidgenössischen Wahlen als möglicher Kandidat gehandelt. Tännler bewarb sich bereits vor vier Jahren. Im Dezember will er aber nicht mehr antreten, wie er mittlerweile bekannt gab. Bildquelle: Keystone.
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Bild 18 von 19. Peter Spuhler (SVP/ZH). Er gehörte bereits 2011 zu den Wunschkandidaten der SVP. Der Firmenchef und ehemalige Nationalrat lehnt eine Bundesratskandidatur aber bisher ab. «Ich bin als Unternehmer nach wie vor sehr stark gefordert und stehe deshalb nicht als Bundesrat zur Verfügung», liess Spuhler kürzlich verlauten. Bildquelle: Keystone.
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Bild 19 von 19. Toni Brunner (SVP/SG). Er gilt als verlängerter Arm von Christoph Blocher. Offiziell schliesst der 41-Jährige eine Kandidatur aus. Bildquelle: Reuters.
Entscheidend ist, ob Justizministerin Simonetta Sommaruga einen Departementswechsel anstrebt. Sie hatte das EJPD ursprünglich gegen ihren Willen übernehmen müssen, zum grossen Ärger von SP-Präsident Christian Levrat.
Bereits nach kurzer Zeit war von Widerwillen indes nichts mehr zu spüren: Sommaruga zeigte Interesse an ihren Dossiers und schien sich mit den Aufgaben zu identifizieren. Ihr liegen im EJPD insbesondere die «menschlichen» Themen. So zeigte sie etwa Engagement für ehemalige Verdingkinder.
Asylreform durchs Parlament gebracht
Dass es im Finanzdepartement oft um trockene Materie geht, spricht daher eher gegen einen freiwilligen Wechsel. Dafür spricht, dass Sommaruga in einem der grössten Dossiers – der Asylpolitik – eine grosse Reform aufgegleist und durchs Parlament gebracht hat. Allerdings hat die SVP das Referendum dagegen ergriffen, so dass die Justizministerin oder der Justizminister die Reform noch in einem Abstimmungskampf vertreten muss.
Anders sieht es bei der Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative aus, für welche ebenfalls Sommaruga zuständig ist: Hier ist noch nichts unter Dach und Fach. Die Aufgabe, gleichzeitig den Volkswillen umzusetzen und die bilateralen Verträge mit der EU zu retten, scheint jedoch zum Scheitern verurteilt. Somit ist durchaus denkbar, dass Sommaruga die Federführung in diesem Dossier abgeben möchte.
Andere Wechsel wenig wahrscheinlich
Für Sommaruga wäre ein Wechsel ins Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) interessant. Dass CVP-Bundesrätin Doris Leuthard dieses Departement abgeben möchte oder durch den Bundesrat dazu gezwungen wird, ist aber höchst unwahrscheinlich.
Bei der letzten Gesamterneuerungswahl im Dezember 2011 hatte es eine Rochade gegeben: Didier Burkhalter (FDP) wechselte nach nur zwei Jahren im Departement des Innern (EDI) ins Aussendepartement (EDA). Auf dieses dürfte er nicht freiwillig verzichten.
Auch Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann (FDP) scheint nicht prädestiniert für ein anderes Departement. Alain Berset (SP) dürfte ebenfalls im EDI bleiben wollen: Die parlamentarische Beratung zu seiner Reform der Altersvorsorge hat erst begonnen.
Grosse Rochade
2010 war es zu einer grossen Rochade gekommen. Damals erhielten gleich vier Departemente einen neuen Vorsteher oder eine neue Vorsteherin. Bundesrätin Doris Leuthard (CVP) entschied sich für einen Wechsel aus dem Wirtschaftsdepartement ins UVEK, Eveline Widmer-Schlumpf wechselte aus dem EJPD ins Finanzdepartement. Das Volkswirtschaftsdepartement ging an den neu gewählten Johann Schneider-Ammann, das EJPD an die neu gewählte Simonetta Sommaruga.
Davor hatte es acht Jahre lang keine Rochade gegeben. Neu gewählte Bundesräte übernahmen stets die Departemente ihrer Vorgänger. Grosse Rochaden in der Landesregierung, bei denen mehrere Bundesräte das Departement wechseln, sind selten. Vor 2010 gab es die letzte Vierer-Rochade 1960 nach Einführung der Zauberformel.