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Arbeitstrend Mit «Quiet Vacationing» gegen toxisches Arbeitsklima

Anspruchsvolle Arbeitskultur, kaum Rücksicht auf das Privatleben: Deswegen praktizieren einige Arbeitnehmer «Quiet Vacationing». Dieser neue Trend besteht darin, Urlaub zu nehmen, ohne dies dem Arbeitgeber mitzuteilen.

Das neue Modewort der Arbeitswelt ist aktuell auf Social Media äusserst präsent. Zahlreiche Videos berichten über ein Phänomen, bei dem man sich entspannt, ohne Ferientage anzutasten.

Das Rezept für «Quiet Vacationing» ist einfach: Arbeitnehmerinnen oder -nehmer machen Ferien, teilweise im Ausland, ohne jemanden davon in Kenntnis zu setzen – und arbeiten nur so viel, dass er oder sie nicht erwischt wird. Man beantwortet nur unbedingt notwendige E-Mails oder nimmt nur an wichtigen Sitzungen teil.

Manchmal werden Mails geplant um 7 Uhr oder 21 Uhr versendet, um Überstunden vorzutäuschen oder es wird auf ein Tool zurückgegriffen, das Mausbewegungen simuliert, um Aktivität vorzutäuschen.

Nachfolger des «Quiet Quitting»

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Das eher US-amerikanische Phänomen «Quiet Vacationing» ist ein geistiger Nachfolger des «Quiet Quitting», bei dem man bei der Arbeit nur das Nötigste tut, um seine psychische Gesundheit oder seine persönliche Work-Life-Balance zu bewahren. «Quiet Quitting» hat sich vor rund zwei Jahren erstmalig in den sozialen Netzwerken verbreitet.

Toxische Arbeitskultur

Die hohe Arbeitsbelastung, der Druck, immer verfügbar zu sein und auf Anfragen zu reagieren und kaum Platz für das Privatleben: Auch das «Quiet Vacationing» ist eine Antwort auf eine toxische Arbeitskultur.

Manche Arbeitnehmerinnen und -nehmer befürchten, dass der Bezug von Ferien bei ihren Vorgesetzten schlecht ankommt und sie so um eine Beförderung oder eine Gehaltserhöhung bringt. Gerade in den USA ist dies sehr verbreitet, aber auch in der Schweiz fühlen sich laut Personalverantwortlichen manche Arbeitnehmer schuldig, wenn sie Ferien machen – und zögern deshalb auch, dies zu tun.

Phänomen durch Telearbeit verstärkt

«Quiet Vacationing» sei vor allem ein Phänomen der jüngeren Generationen. In den Augen von Anne Donou, der Westschweizer Direktorin der Arbeitsvermittlungsfirma von Rundstedt, bedeutet dies jedoch nicht unbedingt, dass sie eher bereit sind, bei der Arbeitszeit zu betrügen. Der eigentliche Unterschied besteht laut Donou darin, dass die Gen Z, also die zwischen 1997 und 2010 Geborenen, hierbei ehrlicher sind.

Die Gen Z sagt dies nur sehr transparent: «Ich arbeite im Homeoffice, weil ich an diesem Tag zu Hause etwas zu tun habe, ich nutze die Gelegenheit, um meinen Haushalt zu machen», erklärt Donou gegenüber dem Westschweizer Sender RTS. «Die Generationen X (zwischen 1965 und 1980 Geborene) und Y (zwischen Anfang der 1980er und Ende der 1990er-Geborene) sind zu dieser Transparenz nicht bereit, tun aber das Gleiche», ergänzt sie.

Ein Mann geniesst die Sonne auf dem Liegestuhl vor einem Schrebergartenhäuschen
Legende: Keystone/Christian Beutler

Das Konzept ist zwar neu, aber solche Schummeleien gibt es, seit es Arbeit gibt, und nicht nur in der Telearbeit. «Es gibt Leute, die viele Stunden bei der Kaffeemaschine verbringen, die von ihrem Computer aus im Internet surfen, während sie im Büro sind», sagt Anne Donou. «Auch Scheinmeetings in Terminkalendern haben wir schon gesehen.»

Die Etablierung der Telearbeit hat das Phänomen jedoch verstärkt, denn «sie führt dazu, dass man nicht direkt durch Vorgesetzte kontrolliert werden kann».

Drohende Gegenreaktion

Die mediale Aufmerksamkeit für «Quiet Vacationing» lässt nun eine Gegenreaktion befürchten. «Wenn du Telearbeit machst, sei vorsichtig, denn die Firmen werden anfangen, sich Wege auszudenken, wie sie dich besser verfolgen können. Ich weiss, dass einige Unternehmen bereits GPS-Tracker in Computer einbauen», warnt etwa eine Nutzerin auf Tiktok.

Rechtliche Einschätzung

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In der Schweiz darf ein Arbeitgeber verlangen, dass er weiss, wo seine Arbeitnehmenden arbeiten. Wenn er oder sie sich im Ausland befindet, kann dies Auswirkungen auf die Steuer- und Versicherungssituation haben. Ohne spezifische Anweisungen ist es jedoch möglich, von jedem Ort im Land aus Telearbeit zu leisten.

Trotzdem ist es ein grosses Risiko, mit «Quiet Vacationing» zu experimentieren. Der Arbeitsrechtler Rémy Wyler ist der Meinung, dass man sogar mit einer Kündigung rechnen muss, da die Angestellten während ihrer bezahlten Arbeitszeit arbeiten müssen.

Für Anne Donou zeigt das Phänomen vor allem, dass es notwendig ist, über die Organisation der Arbeit nachzudenken. Wie wird sie bezahlt? Ist das Monatsgehalt noch zeitgemäss? Und vor allem: Wie wird die Leistung jedes Einzelnen gemessen?

Mit «dialog» einen Blick über die Sprachgrenzen werfen

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Dieser Artikel erschien zuerst auf Französisch bei RTS und wurde von der «dialog»-Redaktion gekürzt und übersetzt. Die Originalversion können Sie auf RTS lesen.

«dialog» ist das Angebot der SRG, das mit Debatten und dem Austausch von Inhalten Brücken baut. Es will Menschen in allen Sprachregionen sowie Schweizerinnen und Schweizer im Ausland näher zusammenbringen.

RTS La Matinale/9.7.2024, 6:15

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