Nach Angaben italienischer Behörden ist in einer als «Operation Taken Down» bezeichneten Aktion die grösste länderübergreifende Organisation für Online-Piraterie zerschlagen worden. Die Behörden sprechen von beschlagnahmten Kanälen, die einen Jahresumsatz von drei Milliarden Euro generierten und einen Schaden von 10 Milliarden Euro verursachten. Über 22 Millionen Nutzer sind betroffen.
Die Organisation hätte primär aus Osteuropa operiert und über Niederlassungen in diversen Ländern verfügt: im Vereinigten Königreich, Kroatien, in den Niederlanden, Rumänien, Schweden und in der Schweiz. Die Schweizer Bundesanwaltschaft bestätigt gegenüber dem Tessiner Fernsehen RSI, dass das Fedpol eine Durchsuchung im Kanton Zürich durchgeführt hat. Zu Festnahmen kam es zunächst nur in Kroatien.
Bequemlichkeit und hohe Preise verlocken zur Nutzung
RSI hat einen Schweizer über seine Beweggründe zur Nutzung des Dienstes gefragt. «Es gibt immer mehr Plattformen, die sich die Angebote teilen. Heute ist es nicht einmal möglich, den italienischen Fussball auf nur einer Plattform zu sehen.»
Es sei eine Frage der Bequemlichkeit und des Preises. «Ich hatte kostenpflichtige Streaming-Dienste, aber letztendlich kosteten sie zu viel. Telefonie, Fernsehen und normale Internetdienste sind schon teuer, wenn man dann noch Fussball sehen will, wird das sehr teuer und für eine normale Familie nicht tragbar.»
Wer wie er beispielsweise die italienische Serie A und die Champions League sehen will, deren Rechte in der Schweiz bei zwei verschiedenen Diensten liegen, muss mit Kosten von 720 Franken pro Jahr rechnen. Swisscom-Mediensprecher Stefano Dell’Era erklärt dies gegenüber RSI so: «Die Preise werden stark von den Übertragungsrechten beeinflusst. Auch wir sind davon betroffen und müssen unsere Produktpreise entsprechend anpassen.»
Rechtslage in der Schweiz
Was aber riskieren Nutzende solcher Streaming-Dienste in der Schweiz? Das Schweizer Urheberrecht hält fest: «Veröffentlichte Werke dürfen zum Eigengebrauch verwendet werden.» Das umfasst auch das Herunterladen oder Streamen im Internet. «Das Schweizer Recht bestraft also den Endnutzer für das Streaming per se nicht», sagt der auf diesem Bereich spezialisierte Rechtsanwalt Rocco Talleri gegenüber RSI. «Es ist aber strafbar, wenn die Inhalte weitergeleitet oder weiterverbreitet werden.»
Die Unternehmen, die die legitimen Rechte zur Übertragung besitzen, erleiden jedoch finanzielle Einbussen. Besteht für einen Nutzer die Gefahr, dass diese Unternehmen gegen ihn klagen? «Nein, eher für die Weiterverbreitungsplattformen», sagt Talleri. «Es kommt jedoch häufig vor, dass Nutzer Briefe erhalten, in denen sie aufgefordert werden, Bussgelder zu zahlen. Hier ist das Schweizer Recht, und ich wiederhole, es gilt nur für die Schweiz, aber absolut gewährleistet.»
Die Anbieter dieser illegalen Dienste haben in ihren Telegram-Kanälen die polizeilichen Untersuchungen als Schall und Rauch bezeichnet, und dass sich die Nutzer keine Sorgen machen müssten. Denkt dies auch Rocco Talleri? «Nein, wir haben es hier mit einer kriminellen Organisation zu tun und es stehen wirklich hohe Beträge auf dem Spiel. Die Untersuchung könnte auch bewirken, dass Nutzende mehr Angst davor bekommen, diese Dienste zu nutzen.»