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Fall von Belästigung Flughafen Genf muss entlassene Mitarbeiterin entschädigen

Der Flughafen Genf muss eine ehemalige Mitarbeiterin mit 100'000 Franken entschädigen. Die Mitarbeiterin war im Jahr 2022 entlassen worden, nachdem sie sich über sexistische und rassistische Nachrichten beklagt hatte, die sie in einer Whatsapp-Gruppe erhalten hatte.

Eine 40-jährige Angestellte des Flughafens Genf beschwerte sich 2021 darüber, dass in einer internen Whatsapp-Gruppe «rassistische und sexistische Bilder» ausgetauscht wurden. So schildert es heute ihre Anwältin, Laïla Batou. Die Whatsapp-Gruppe sei von der Vorgesetzten der Mitarbeiterin eingerichtet worden, um berufliche Informationen auszutauschen. Einige Kollegen hätten darin jedoch auch problematische Fotos und Videos gepostet sowie unangemessene Kommentare über minderjährige Teenager.

Gemäss der Zeitung «Tribune de Genève» gehörten zu den Botschaften Fotos von nackten jungen Frauen mit der Aufschrift «ab 2020 sind die 2002er volljährig» sowie «Bilder, die bestimmte Nationalitäten oder Menschen mit Behinderungen verhöhnen».

Als dieser Fall ans Licht kam, leitete der Flughafen Genf eine interne Untersuchung ein. Gleichzeitig erstattete er Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft. Diese lehnte es aber ab, sich mit dem Fall zu befassen, weil die Bilder aus strafrechtlicher Sicht nicht problematisch seien.

Die interne Untersuchung kam zum Schluss, dass einige der in der Whatsapp-Gruppe verbreiteten Inhalte «fragwürdig» waren. Eine Belästigung stelle das aber nicht dar. Der Flughafen warf seiner Mitarbeiterin daher vor, ihre Kollegen zu Unrecht beschuldigt zu haben und entliess sie Ende 2022 fristlos.

Kein Mangel an Loyalität

Ganz anders sieht das jetzt die interne Berufungskommission des Flughafens. Sie ist als erste Instanz für die Beilegung von Streitigkeiten im Unternehmen zuständig. Ihrer Ansicht nach stellt die Verbreitung dieser Art von obszönen Inhalten eine sexuelle und psychische Belästigung der Arbeitnehmerin dar. Dass diese die Whatsapp-Gruppe verliess, könne ihr nicht als Mangel an Loyalität gegenüber dem Arbeitgeber ausgelegt werden. Die Mitarbeiterin sei darum ohne triftigen Grund entlassen worden.

Die interne Beschwerdeinstanz verurteilte den Flughafen Genf zur Zahlung von 100'000 Franken an die ehemalige Mitarbeiterin. Sie kritisiert auch das Verhalten des Flughafens zur Klärung des Sachverhalts. Das Recht der Mitarbeiterin auf Anhörung sei verletzt worden.

Das sieht auch Laïla Batou, die Anwältin des Opfers, so: «Meine Mandantin hat sich bei der Personalabteilung beschwert, aber man hat ihr nicht zugehört. Sie wurde in der Kantine empfangen, in einem Bereich, der überhaupt nicht vertraulich war. Dann wurde sie zusammen mit den Leuten angehört, über die sie sich beschwert hatte.»

Die Anwältin wie auch die Gewerkschaft des öffentlichen Dienstes kritisieren die Unternehmenskultur des Flughafens scharf. Diese begünstige die Belästigung.

Die Direktion des Genfer Flughafens erinnerte auf Anfrage daran, dass eine interne Untersuchung stattfand. Diese sei zum Schluss gekommen, dass keine Belästigung vorliege. Der Flughafen prüft die Möglichkeit, gegen die Entscheidung der Beschwerdeinstanz Berufung einzulegen. Was etwaige Sanktionen oder interne Massnahmen betrifft, so lehnt das Unternehmen eine Stellungnahme ab.

RTS, La Matinale, 16.12.24, 6:25 Uhr

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