Haare sind zeitlos: Wenn man sie mit ein wenig Seife oder Lavendel behandelt, bleiben sie praktisch ewig intakt. Das erzählt Franziska Santschi, die sich seit fast dreissig Jahren einer seltenen und alten Kunst widmet: der Herstellung von Schmuck aus Menschenhaar.
In ihrem Atelier in Münchenwiler im Kanton Bern bewahrt sie dreizehn Holzkisten mit Ringen, Armbändern, Halsketten und Ohrringen auf, die alle aus Haaren gefertigt sind. Schmuckstücke, die viel Geduld und mehrere Stunden Arbeit erfordern.
«Dieser besondere Schmuck war zwischen 1720 und 1920 in höfischen Kreisen, dann auch bei der Landbevölkerung weit verbreitet. Sogar in der Schweiz, wo sie zu Trachten getragen wurden», sagt sie. Und erklärt, dass sich junge Frauen zur Vorbereitung auf die Ehe ihre langen Haarzöpfe abschneiden liessen, die dann als Geschenk für den Bräutigam verwendet wurden.
Ein langer Lernprozess
Franziska Santschi entdeckte den Brauch in ihrer Jugend: «Im Alter von fünfzehn Jahren sah ich einen Mann, der eine Kette aus einem besonderen Stoff trug. Es waren tatsächlich Haare. Doch dann dauerte es lange, bis sie jemanden fand, der ihr diese Kunst beibrachte. Bis vor dreissig Jahren lernte sie alles von einem «Haarkünstler» – dem letzten in der Schweiz – aus Herzogenbuchsee im Kanton Bern.
Heute fertigt sie den Schmuck auf Bestellung an. «Es gibt zum Beispiel Leute, die mit Haaren zu mir kamen, die sie seit Jahren aufbewahrt hatten, und mir erklärten, dass sie daraus Armbänder machen wollten, um sie ihren vier Kindern an dem Tag zu schenken, an dem sie das Haus verlassen würden.»
Es ist eine Leidenschaft, die viel Geduld erfordert und lange Momente des Nachdenkens beinhaltet. Die Haare werden zunächst nach Länge eingeteilt und dann einzeln gezählt. Für ein Schmuckstück werden zwischen 320 und 900 benötigt. Danach werden sie in langer und sich wiederholender Handarbeit geflochten. «Das ist alles: ein Geflecht, das man irgendwann auswendig kennt. Und die Hände fangen an, von allein zu arbeiten», sagt sie.
Für Franziska Santschi ist es nun wichtig, die Tradition und das Wissen um diese besondere Kunst weiterzugeben. Und das tut sie auch mit Kursen, an denen Menschen aus dem In- und Ausland teilnehmen. An Interesse mangelt es nicht: Kürzlich war eine Dame aus Dänemark unter den Teilnehmenden. «Wenn ich es jetzt nicht weitergebe, verschwindet dieses Wissen», sagt Franziska Santschi abschliessend.