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Dmitri Medwedew 2019 beim Besuch des Large Hadron Colliders in Genf
Legende: Da war die Welt zwischen Cern und Russland noch in Ordnung: Premier Dmitri Medwedew 2019 beim Besuch des Large Hadron Colliders in Genf. EPA

Forschungsinstitut in Genf Rauswurf Russlands hinterlässt Lücke am Cern

Das Kernforschungszentrum Cern in Genf stellt im Verlauf dieses Jahres seine Zusammenarbeit mit Russland ein. Wissenschafter befürchten, dass damit die Forschung am Cern geschwächt wird und dass das letztlich Putin im Krieg gegen die Ukraine helfen könnte.

«Es gibt so viele Konflikte in der Welt. Wenn die wissenschaftliche Zusammenarbeit eingeschränkt wird, hat das Folgen für die zukünftigen Projekte und die Zusammenarbeit am Cern», sagt der deutsche Physiker Hannes Jung. Er argumentiert, dass der Ausschluss Russlands aus der Organisation die Tür für eine ähnliche Behandlung anderer Länder öffnet.

Im Dezember 2023 beschloss der Rat des Cern, der Europäischen Organisation für Kernforschung, die Zusammenarbeit mit Russland und Weissrussland als Reaktion auf die «anhaltende illegale militärische Invasion in der Ukraine» zu beenden. Das russische Aussenministerium reagierte im März auf diese Entscheidung und bezeichnete sie als «politisiert, diskriminierend und inakzeptabel».

Die Entscheidung ist beispiellos. In der Vergangenheit sanktionierte das Cern Jugoslawien, indem es die Zusammenarbeit während des Bosnienkriegs 1992 aussetzte. Noch nie schloss das Cern jedoch ein Land von der internationalen wissenschaftlichen Forschung aus.

Finanzielle Lücke

Die wissenschaftlichen Beziehungen zwischen dem Cern und Russland bestehen seit fast 60 Jahren. Die Organisation mit Sitz an der französisch-schweizerischen Grenze in der Nähe von Genf unterzeichnete in den 1960er Jahren, auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges, die ersten Vereinbarungen mit sowjetischen Laboratorien. 1991 erhielt die Russische Föderation den Beobachterstatus am Cern.

Innenansicht eines Bürogebäudes mit wissenschaftlicher Wandkunst.
Legende: Russland hatte einen grossen finanziellen und wissenschaftlichen Beitrag zu den Experimenten des Cern geleistet. KEYSTONE/Christian Beutler

Seitdem hat Russland sowohl finanziell als auch wissenschaftlich einen erheblichen Beitrag zu den Experimenten des Kernforschungsinstituts geleistet. Zu den Folgen dieser Entscheidung gehört der Verlust von umgerechnet mehr als zwei Millionen Franken pro Jahr, die Russland nach Angaben des Cern bis 2022 und teilweise bis 2023 ans Budget beigetragen hatte.

Mit dem russischen Beitrag wurde der Bau des Teilchenbeschleunigers Large Hadron Collider (LHC) des Cern finanziert, der weltweit grössten und leistungsfähigsten Maschine zur Erforschung der Teilchenphysik. Nach Schätzungen von SWI swissinfo.ch, die vom Cern bestätigt werden, hat Russland in den letzten 30 Jahren mindestens 4.5 Prozent der Gesamtkosten für die LHC-Experimente in Höhe von rund 1.5 Milliarden Franken finanziert.

Zu den finanziellen Verlusten kommt noch der Verlust von russischem Personal und Know-how bei den verschiedenen Experimenten, die am Cern durchgeführt werden.

Mehr Know-how für Militär?

Hannes Jung ist ein emeritierter Physiker des Desy-Instituts in Hamburg, der jahrelang mit dem Cern zusammengearbeitet hat. Er sieht neben der Finanzierungslücke des Cern noch andere Risiken in Russlands Austritt aus der Organisation. Jung glaubt, dass die vom Cern ausgeschlossenen russischen Wissenschaftler nun dazu gebracht werden könnten, stattdessen aus der Not heraus zur russischen Militärforschung beizutragen. Und das Geld, das Russland an das Cern gezahlt hätte, werde wahrscheinlich dazu beitragen, den Krieg gegen die Ukraine zu finanzieren.

Jung und viele andere Wissenschaftler sind besorgt über die Zukunft der in Genf ansässigen Organisation, die gegründet wurde, um Menschen aus verschiedenen Ländern zusammenzubringen und durch die Wissenschaft Brücken zu bauen.

Video
Aus dem Archiv: Knatsch am Cern
Aus Tagesschau vom 07.03.2023.
abspielen. Laufzeit 1 Minute 51 Sekunden.

Blick über die Sprachgrenzen

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Dieser Artikel erschien im Original bei swissinfo auf Englisch und wurde durch die «dialog»-Redaktion übersetzt. Den ursprünglichen Artikel können Sie auf swissinfo nachlesen.

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