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Frankreich Drogenhändler rekrutieren Teenager als Auftragskiller

Der Fall eines vierzehnjährigen Auftragskillers in Marseille erschüttert Frankreich. Rekrutiert wurde er über die sozialen Medien. Der Staat scheint machtlos.

Marseille ist regelmässig Schauplatz von Morden in Zusammenhang mit Drogen. Dass nun ein Minderjähriger als Auftragskiller rekrutiert wurde, ist neu. Und «es ist schockierend», sagt Michel Gandilhon, Experte für Sicherheits- und Verteidigungsfragen am «Conservatoire National des Arts et Métiers» in Paris.

Gegenüber der RTS-Sendung «Tout un Monde» erklärt er, dass die Rekrutierung von Jugendlichen in Marseille seit mehreren Jahren relativ bekannt sei. Jedoch: «Diese Jugendlichen besetzten im Allgemeinen die niedrigsten Positionen, vor allem als Aufpasser».

Explodierender Drogenmarkt in Frankreich

In den letzten zwanzig Jahren hat sich der französische Drogenmarkt rasant entwickelt. Die Zahl der Kokainkonsumenten und -konsumentinnen hat sich innerhalb von sieben Jahren fast verdoppelt und stieg von 600'000 im Jahr 2017 auf eine Million im Jahr 2024. Dieser Anstieg gilt auch für synthetische Drogen.

Die aktuellen Entwicklungen im Bandenkrieg

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Auslöser der jüngsten Welle der Gewalt in Marseille ist laut Ermittlern der Kampf zwischen der «DZ Mafia» und dem «Clan des Blacks», wie die Zeitung «Le Parisien» berichtet. Im aktuellen Fall wurde ein 15-Jähriger brutal ermordet. Laut Medienberichten wurde dieser zuvor für eine Einschüchterungsaktion rekrutiert – über die Sozialen Medien. Aus Rache an dem Mord soll ein 14-Jähriger für 50.000 Euro als Auftragskiller angeheuert worden sein. Der Teenager sollte mit Mietwagen und Fahrer zu einem Dealer-Treff gefahren werden. Der Fahrer, ein laut Staatsanwaltschaft unbescholtene Familienvater, weigerte sich dies zu tun. Der 14-Jährige setzte ihm darauf die Pistole an den Kopf. Ein Schuss löste sich, der Fahrer war auf der Stelle tot.

Im vergangenen Mai warnte ein Bericht des französischen Senats vor einer Situation, die allmählich ausser Kontrolle gerät und die Stabilität der Institutionen des Landes bedroht.

Was Frankreich von anderen europäischen Ländern unterscheide, seien die kriminellen Enklaven in den Stadtvierteln, die von Drogenhändlern kontrolliert würden, erklärt der Experte.

Für die Anwohner ist dies ein demokratischer Skandal, denn es gibt Quartiere, in denen sie kein Recht auf Sicherheit und Ruhe haben.
Autor: Michel Gandilhon Experte für Sicherheit und Verteidigung

Die Polizei sei nur selten präsent in diesen Vierteln, ausser wenn sie vereinzelt Razzien durchführe. Die Beamten seien dann oft schwer bewaffnet, «aber es ist extrem schwierig, täglich in diesen Gebieten zu intervenieren, da diese Viertel quasi wie Enklaven sind, die von bewaffneten Drogenhändlern kontrolliert werden», fügt Gandilhon hinzu. In einer kürzlich durchgeführten Untersuchung wurden etwa 4000 grosse Drogenumschlagplätze in Frankreich ermittelt. «Für die Anwohner ist diese Situation eine Art demokratischer Skandal, denn es gibt Gebiete, in denen sie kein Recht auf Sicherheit und Seelenfrieden haben, weil sie unter der Fuchtel von Drogenhändlern leben», so der Experte.

Vierzig Jahre gescheiterte Politik

Der Sicherheits- und Verteidigungsexperte weist darauf hin, dass die Zahl der Opfer in Zusammenhang mit Drogenbandendelikten in Marseille auf ein Rekordniveau geklettert ist. So gab es in der südfranzösischen Stadt letztes Jahr 49 Tote und fast 123 Verletzte. Er weist auch darauf hin, dass sich die Bandengewalt inzwischen über die grossen Metropolen Frankreichs hinaus ausbreitet – auch auf kleinere Städte wie Grenoble, etwa 100 Kilometer von der Schweiz entfernt.

Schwer bewaffnete Polizisten bei einem Einsatz zwischen Häusern und Autos. Menschen schauen aus den Fenstern.
Legende: Wie kann der Staat die Kontrolle über den Drogenhandel zurückgewinnen? Arnold Jerocki

Michel Gandilhon glaubt, dass es für den Staat äusserst schwierig wird, die Kontrolle über die kriminellen Enklaven wiederzuerlangen. Dieses Phänomen, das vor etwa vierzig Jahren entstanden sei, habe sich aufgrund eines Versagens der Politik in Frankreich entwickelt. Seiner Ansicht nach ist die Drogenbekämpfung aufgrund der globalen Dimension sehr komplex. Es brauche ein wirksames Vorgehen an mehreren Fronten. So sei eine internationale Zusammenarbeit erforderlich, zudem brauche es im Land selbst verstärkte Polizeipräsenz. Einfach werde das jedoch nicht. Der französische Staat sei auf allen Ebenen überlastet, resümiert der Experte.

RTS, Tout un monde, 08.10.2024, 08:12 Uhr

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