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Gesundheitsforschung Trumps Budgetkürzungen verunsichern Schweizer Forschende

Donald Trump hat die Finanzierung der biomedizinischen Forschung auf den Kopf gestellt. Mit weitreichenden Folgen für Forschende und Pharmaunternehmen in der Schweiz.

Am vergangenen Freitag gab die US-Regierung ausserdem bekannt, dass sie Zuschüsse der National Institutes of Health (NIH) an jene Forschende streicht, die zur LGBTQ-Gesundheit forschen. Also zu spezifischen gesundheitlichen Herausforderungen, Risiken und Barrieren, die diese Menschen betreffen.

Viele der Sparmassnahmen werden derzeit vor Gericht angefochten. Dennoch bereiten sich Forschende und Pharmaunternehmen in der Schweiz bereits auf Veränderungen bei den NIH vor – und deren potenzielle Auswirkungen auf die Wissenschaft insgesamt.

«Die Veränderungen haben weltweit unter Wissenschaftlern grosse Unsicherheit ausgelöst», sagt Adrian Wanner, Neurobiologe am Paul-Scherrer-Institut in der Schweiz. Er ist einer von rund hundert Forschenden, die an einem grossen, von den NIH finanzierten Projekt zur detaillierten Kartierung des Mausgehirns beteiligt sind. «Niemand weiss genau, nicht einmal beim NIH, in welche Richtung das Projekt gehen wird.»

Ähnliche Sorgen äussern auch andere Forschende in der Schweiz.

«Schwierig, im Ausland NIH-Förderung zu bekommen»

Schweizer Institutionen erhielten 2024 sieben direkte NIH-Zuschüsse im Wert von rund 9.1 Millionen Dollar. Obwohl die Schweiz beim Gesamtbetrag der NIH-Zuschüsse weit oben rangierte, erhielt sie weniger Fördermittel als viele andere Länder.

«Es ist extrem schwierig, als ausländische Institution eine NIH-Förderung zu bekommen», sagt Wanner, der einen der sieben Schweizer Zuschüsse erhielt. «Man muss wirklich nachweisen, dass man etwas bietet, das es in den USA nicht gibt.»

Wie viel NIH-Mittel stecken in biomedizinischer Forschung?

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Die NIH bestehen aus 27 Instituten und Zentren, die alles Mögliche finanzieren, von kleinen Studien zu Fluorid bis hin zu grossen Initiativen zu Sucht, Krebs und Müttersterblichkeit. Sie vergeben auch Stipendien und Fördermittel für Nachwuchsforschende, jedoch meist nur solche in den USA.

Zudem sind sie der weltweit grösste öffentliche Geldgeber für biomedizinische Forschung. Ihr Jahresbudget beträgt 47 Milliarden Dollar, wovon 80 Prozent in Forschungszuschüsse fliessen. Der Rest wird für eigene NIH-Forschung und Verwaltungskosten in den USA verwendet.

Dies übertrifft bei Weitem die Ausgaben für Gesundheitsforschung in Grossbritannien, Australien und der EU zusammen. Europas grösstes Forschungs- und Innovationsprogramm, Horizon Europe, hat für den Zeitraum 2021 bis 2027 ein Budget von 90.5 Milliarden Franken, das aber weit über Gesundheitsforschung hinausgeht. Laut Medienberichten gab die chinesische National Natural Science Foundation 2023 rund 610 Millionen Franken für Gesundheitsforschung aus.

Der Schweizerische Nationalfonds (SNF) ist der wichtigste öffentliche Forschungsförderer in der Schweiz und gab 2024 rund 432 Millionen Franken für Biologie und Medizin aus.

Die NIH-Finanzierung übertrifft auch die Forschungsausgaben grosser Pharmaunternehmen. Das Schweizer Pharmaunternehmen Roche investierte 2023 rund 14 Milliarden Dollar in Forschung und Entwicklung.

Eine genauere Analyse zeigt, dass die Bedeutung der NIH für internationale Forschende über direkte Zuschüsse hinausgeht. Tausende Forschende weltweit sind als Kooperationspartner in NIH-Projekten involviert, die von US-Institutionen geleitet werden.

Schweizer Institutionen beteiligten sich 2024 an 489 NIH-Projekten.

Welche Folgen könnten Kürzungen haben?

Noch ist unklar, wie stark die NIH-Fördermittel gekürzt werden und welche Prioritäten künftig gesetzt werden.

Forschende fürchten vor allem, dass sie ihre Mitarbeitenden nicht weiterbezahlen können, wenn Förderungen gestrichen werden. «In der Schweiz kann man Personal nicht einfach entlassen», sagt Wanner. «Wenn wir Gelder verlieren, müssen wir andere Ressourcen finden, um die Gehälter zu bezahlen.»

US-Behörden haben bereits begonnen, bestehende Fördermittelanträge anhand von Listen mit markierten Wörtern, beispielsweise «Ethik», «Gender» oder «Covid-19» zu durchforsten – im Einklang mit Trumps Vorgaben.

Der Zweck dieser Durchforstung bleibt unklar. Doch sie löst Befürchtungen aus, dass die Finanzierung für bestimmte Forschungsbereiche – darunter gesundheitliche Ungleichheiten aufgrund von Rasse und die Frauengesundheit – gestrichen oder gekürzt werden könnte.

Wenn dies zur Streichung von Fördermitteln führt, könnte dies zu massiven Lücken in der Grundlagenforschung führen, ebenso bei der Forschung nach neuen Medikamenten, Impfstoffen und in der Frauenmedizin.

Diskutieren Sie mit:

«Die USA sind eine treibende Kraft in der Wissenschaft», sagt Wanner. «Was dort passiert, könnte sehr schlecht für die Wissenschaft weltweit sein.»

10vor10, 5.3.2025, 21:50 Uhr;stal

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