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Kritische BAG-Direktorin «Bin skeptisch, Kokain für therapeutische Zwecke abzugeben»

Crack wird in der Schweiz immer häufiger konsumiert. Die aus Kokain gewonnene Droge ist inzwischen in vielen Städten präsent. Um diesem Phänomen entgegenzuwirken, richten einige Städte Konsumräume ein. Sie sollen es den Süchtigen ermöglichen, Drogen in einem kontrollierten Umfeld zu konsumieren.

Im Juni ging die Fachkommission des Bundes für Suchtfragen einen Schritt weiter. Sie stellte die Idee in den Raum, Kokain an schwerst süchtige Crack-Konsumierende abzugeben. Anne Lévy, die Direktorin des Bundesamts für Gesundheit, zeigt sich jedoch skeptisch gegenüber dieser Idee.

Anne Lévy

Direktorin des Bundesamts für Gesundheit BAG

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Anne Lévy ist seit Oktober 2020 Direktorin des Bundesamts für Gesundheit (BAG). Zuvor leitete die gebürtige Bernerin die Universitären Psychiatrischen Kliniken Basel.

SRF News: Was halten Sie von der Idee, Kokain für therapeutische Zwecke abzugeben?

Anne Lévy: Bei Heroin haben wir festgestellt, dass verschreibungspflichtige Programme sehr gut funktionieren. Sie sind sehr erfolgreich. Aber wir wissen, dass Kokain eine ganz andere Substanz ist. Es ist nicht etwas, das man dreimal am Tag konsumiert. Kokain ist billig. Und es handelt sich um eine Substanz, die kein Sättigungsgefühl hervorruft. Die Leute konsumieren mehr und mehr. Deshalb bin ich skeptisch, ob das die Lösung ist.

Das ist eine Diskussion, die auf der fachlichen Ebene bleiben muss.

Aber letztlich ist es Sache der Fachleute und der Kantone, zu entscheiden, welche Art von Therapie man wählt und ob man vielleicht auch neue Wege gehen will.

Das wirft auch eine ganze Reihe ethischer Fragen auf, wer dafür und wer dagegen ist. Was halten Sie von dieser Debatte?

Letztlich geht es um Therapien und darum, die richtige Therapie für kranke Menschen zu finden. Meiner Meinung nach ist das eine Diskussion, die auf der fachlichen Ebene bleiben muss. Es sind die Spezialisten und medizinischen Experten, die entscheiden, welche Therapie für Menschen mit schwerer Kokainabhängigkeit am besten geeignet ist.

Derzeit gibt es keine wissenschaftlichen Studien ...

Natürlich fehlt es im Moment an Studien. Es muss noch nachgewiesen werden, ob dies eine Möglichkeit ist oder ob es sogar eine gute Behandlungsoption wäre. Das ist im Moment noch nicht geschehen, die Experten diskutieren noch darüber.

Heute ist das therapeutische Kokain jedoch gesetzlich vorgesehen und bedarf einer Bewilligung des Kantonsarztes. Verfügt die Schweiz also bereits über die nötigen Instrumente?

Wir haben in der Schweiz eine lange Erfahrung mit der Suchtproblematik und wie sie angegangen werden soll. Wir stützen uns seit mehr als 20 Jahren auf das erfolgreiche Vier-Säulen-Modell. Das bedeutet, dass wir auf der einen Seite die Prävention haben. Die zweite Säule ist die Schadensminderung, die dritte die Behandlung. Und schliesslich, ebenso wichtig, die Frage der Repression, also der polizeilichen Massnahmen, um die Sicherheit zu gewährleisten.

Das Gespräch führte Mattia Pacella / RSI.

Kein Ersatzmedikament vorhanden

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Für die langfristige und flächendeckende Verschreibung von Kokain an Betäubungsmittelabhängige gibt es derzeit kein Ersatzmedikament, wie etwa Methadon für Heroin. «Ein Medikament, das den Wirkstoff Kokain enthält, müsste von Swissmedic zugelassen werden, was derzeit nicht der Fall ist», erklärt Daniel Dauwalder, Sprecher beim Bundesamt für Gesundheit (BAG).

Das Betäubungsmittelgesetz lasse aber die Verabreichung von Kokain auf individueller Ebene zu. Ein Arzt könnte einer kokainsüchtigen Person eine Dosis pharmazeutisches Kokain oder eine entsprechende verwandte Substanz als Drogentherapie («Substitutionstherapie») verschreiben. «Solche Behandlungen bedürfen der Bewilligung der zuständigen kantonalen Behörde (Kantonsarzt), ebenso wie die Bewilligung einer Methadonbehandlung bei Heroinabhängigkeit», hält das BAG fest.

RSI Telegiornale, 22.10.24, 20:00 Uhr ; 

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