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Crack in der Schweiz
Aus nano vom 11.03.2024.
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Hilfe für Crack-Süchtige So wollen Schweizer Städte die offene Drogenszene bekämpfen

Die offene Drogenszene ist zurück. Der Grund: Crack. Jetzt gibt es erste Ideen, um die Süchtigen aufzufangen: mit Konsumräumen, Notschlafstellen und Medikamenten.

Genf, Chur, Solothurn. In vielen Städten gibt es eine offene Drogenszene. Der Grund: Crack. Das Kokain-Natron-Gemisch macht die Süchtigen krank und aggressiv, viele verwahrlosen. Überall fragt man sich: Was tun? Dabei ist die Schweiz eigentlich für ihre vorbildliche Drogenpolitik bekannt. Doch die Strukturen, die einst für die Heroin-Abhängigen geschaffen wurden, passen nicht mehr zur Aufputschdroge Crack. «Es ist an der Zeit, einen Schritt weiterzugehen», sagt Frank Zobel, Vize-Direktor beim Verein «Sucht Schweiz».

So wirkt Crack

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Crack wird durch Erhitzen von Kokain und Natron hergestellt und in einer kleinen Pfeife geraucht.

Schon nach zehn Sekunden flutet die Droge das Gehirn. Dort blockiert sie die Wiederaufnahme verschiedener Neurotransmitter. Die Transmitter bleiben länger im Synapsenspalt. Deswegen fühlt sich der Konsument wach, euphorisch und voller Energie.

Doch schon nach zehn Minuten flacht die Wirkung ab. Die Menschen werden aggressiv und wollen möglichst schnell die nächste Dosis. Das Suchtpotential von Crack ist gross.

Zobel will den Abhängigen helfen. In Genf, der Stadt mit der grössten Crack-Szene, hat er 40 Crack-Abhängige nach ihren Bedürfnissen gefragt. «Sie brauchen ganz einfache Sachen», sagt Zobel. Im Drogen-Konsumraum Quai 9 gibt es deshalb jetzt Mittagessen und nachts sogar einige Betten zum Schlafen. Zobel nennt das «Überlebenshilfe».

Es geht nicht primär darum, die Menschen von den Drogen wegzubringen, sondern darum, dass sie so sicher wie möglich konsumieren können.
Autor: Thilo Beck Suchtmediziner

Zudem brauchen die Crack-Raucher einen besonders ruhigen Ort zum Konsumieren. Dieser wird aktuell in Genf gebaut. In Zürich gibt es bereits einen Raucher-Raum.

Konsum akzeptieren

Die Konsumräume sind ein zentraler Teil der sogenannten «Schadensminderung», die die hiesige Drogenpolitik prägt. Der Konsum wird dabei akzeptiert. «Es geht nicht primär darum, die Menschen von den Drogen wegzubringen», sagt Suchtmediziner Thilo Beck, «sondern darum, dass sie so sicher wie möglich konsumieren können.» Das Hauptziel sei, dass sie sich selbst und andere nicht weiter gefährden. Erst auf dieser Basis könnten – wenn überhaupt – therapeutische Angebote offeriert werden.

Zunächst aber muss man die Abhängigen von der Strasse in die Konsumräume holen. Dafür müsse der Stoff vor Ort verfügbar sein, sagt Beck. Im Zürcher Raucher-Raum darf deswegen mit kleinen Crack-Mengen gedealt werden – rechtlich ein Graubereich.

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Archiv: Von Crack bis Hustensaft: Hat die Schweiz ein Drogenproblem?
Aus Club vom 07.11.2023.
Bild: Getty Images/Krisanapong Detraphiphat abspielen. Laufzeit 1 Minute 19 Sekunden.

Thilo Beck würde am liebsten noch einen Schritt weiter gehen: «Ihnen qualitativ gutes Kokain anbieten, das sie dann kontrolliert im Konsumraum einnehmen können.» Die geregelte Kokain-Abgabe ist aber umstritten. Allein schon, weil die Süchtigen Crack teils alle zwei Stunden rauchen müssen.

Suchtdruck drosseln

Aktuell laufen allerdings erste Versuche, um den Konsum-Drang medikamentös zu drosseln. Von Interesse sind Stimulanzien wie Modafinil, Methylphenidat und Amphetamine. Im Zürcher Zentrum für Suchtmedizin (ARUD), wo Thilo Beck als Psychiater arbeitet, werden Amphetamine bereits an Crack-Süchtige abgegeben. Die ersten Erfahrungen seien positiv, so Beck.

Wenn wir den richtigen Mix finden, bin ich guter Hoffnung, dass wir die Crack-Konsumierenden aus ihrem Leiden raus begleiten können.
Autor: Thilo Beck Suchtmediziner

Die Studienlage zur Wirkung der Stimulanzien auf Süchtige ist allerdings dünn und uneindeutig. Bislang lässt sich daraus kein klarer Nutzen ableiten. Die Schweizerische Gesellschaft für Suchtmedizin fordert deshalb in ihrem aktuellen Bericht «Therapieformen bei Crack- und Kokainkonsum» mehr klinische Forschungsprojekte. Und, dass die Medikamentenabgabe immer mit Psychotherapie und psychosozialen Massnahmen kombiniert werden solle.

Wie gut man die Schwerstabhängigen letztlich auffangen kann, wird die Zukunft zeigen. Frank Zobel ist verhalten optimistisch: «Die Situation in Genf ist immer noch schlimm», sagt er. Aber immerhin arbeite man jetzt an Lösungen. Thilo Beck ist zuversichtlicher: «Wenn wir den richtigen Mix finden, bin ich guter Hoffnung, dass wir die Crack-Konsumierenden aus ihrem Leiden raus begleiten können.» Und, dass damit auch die offene Drogenszene verschwindet.

Nano, 11.03.2024, 06:00 Uhr

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