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Mailänder Erklärung Schweizer Getränke enthalten noch immer zu viel Zucker

Eigentlich sollten Hersteller von Süssgetränken in der Schweiz den Zuckergehalt bis Ende 2024 reduzieren. Doch das ist nicht überall passiert, wie eine Recherche zeigt. Das Westschweizer Radio RTS erklärt, was das Ausland anders macht und warum auch dies nicht das Goldene vom Süssgetränke-Ei ist.

Bis Ende 2024 haben sie noch Zeit. Bis dann sollten die Schweizer Hersteller von Erfrischungsgetränken den Zuckergehalt ihrer Produkte um 10 Prozent senken. Dazu haben sich immerhin rund 15 Unternehmen hierzulande in der Mailänder Erklärung 2023 verpflichtet. Das Westschweizer Radio RTS hat nachgefragt, wie es um die neuen Rezepturen bestellt ist.

Das Resultat der Recherche ist gemischt. So enthält Schweizer Fanta mehr als doppelt so viel Zucker wie das britische Fanta. Das Unternehmen Coca-Cola, das Fanta herstellt, kommuniziert hier transparent: Für jedes Land wird der Gehalt an Zucker und Fruchtsaft angezeigt. Auf Anfrage von RTS erklärt Reyn Ffoulkes, Sprecher von Coca-Cola Schweiz und Österreich, dass es in letzter Zeit keine Änderungen beim Zuckergehalt oder der Rezeptur von Fanta gegeben habe. Er präzisiert, dass Coca-Cola seine Rezepte an lokale und europäische Vorschriften anpasse.

Europakarte mit Angaben, wie viel Prozent Fruchtsaft in Fanta Orange in den jeweiligen Ländern enthalten ist.
Legende: Je nachdem, in welchem Land Europas man eine Flasche «Fanta Orange» kauft, hat man unterschiedlich viel Fruchtsaft im Getränk. Die Rezeptur wird je nach Land angepasst, sagt der Coca-Cola-Konzern. Coca-Cola Company

Die anderen Unternehmen, die RTS kontaktiert hat, machen keine näheren Angaben zur Reduktion des Zuckergehalts, sondern geben nur Hinweise. Henniez, Volg (für Limonaden) und Coop (für diverse Produkte) erklären, die Ziele der Mailänder Erklärung bereits erreicht oder übertroffen zu haben.

Aldi, Coop (für andere Produkte), Lidl, Ramseier und Rivella haben begonnen, den Zuckergehalt zu reduzieren. Andere Hersteller wie Migros, Rhäzüns und Volg (für Energy-Drinks) werden ihn weiter senken.

Europakarte mit Angaben, wie viel Zucker in 100ml Fanta in den jeweiligen Ländern enthalten ist.
Legende: Wie viel Zucker steckt in einer Fanta? Coca-Cola Company – Reddit

Mehrere Marken geben an, den Zucker schrittweise zu reduzieren, damit diese Veränderung von der Kundschaft weniger bemerkt werde. Bis zum 10. Januar haben die Produzenten Zeit, dem Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen genaue Daten zu ihren Produkten zu übermitteln.

Zuckersteuer statt Freiwilligkeit

Für die Kinderärztin Nathalie Farpour-Lambert reicht die Mailänder Erklärung nicht aus. Sie ist auf Fettleibigkeit bei Kindern spezialisiert und berät die Weltgesundheitsorganisation. Sie fordert, dass die Gesetze in der Schweiz geändert werden müssen.

«Der Zuckerkonsum in der Schweizer Bevölkerung liegt bei über 100 Gramm pro Tag, obwohl man maximal 25 Gramm zu sich nehmen sollte. Dieser Konsum trägt zu zahlreichen chronischen Krankheiten bei, insbesondere zu Fettleibigkeit, Typ-2-Diabetes und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Mit einem halben Liter eines zuckerhaltigen Getränks erreicht man das Doppelte der empfohlenen Tageszufuhr.»

Ein Mitarbeiter bringt Preisschilder in einem Getränkeautomaten an.
Legende: Süssgetränke wie Fanta enthalten in der Schweiz einen höheren Zuckergehalt. Grossbritannien löst das anders. Keystone / Gaëtan Bally

Andere Länder kennen im Gegensatz zur Schweiz eine Zuckersteuer. Grossbritannien liegt bei 27 Cent pro Liter für Limonaden, die mehr als 8 Gramm Zucker pro 100 Milliliter enthalten. Das sind 45'000 Tonnen weniger Zucker in Erfrischungsgetränken pro Jahr. Die britische Fanta enthält nur 4.5 Gramm Zucker pro 100 Milliliter, im Vergleich zu 10.3 Gramm in der Schweiz. Jedoch: Das britische Rezept wird durch Süssstoffe ergänzt.

«Ein Problem», sagt Nathalie Farpour-Lambert, «weil es nicht deutlich auf der Flasche gekennzeichnet ist. Aber auch Süssstoffe können schädliche Auswirkungen haben, insbesondere im Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen.»

Die Kinderärztin empfiehlt, insbesondere bei kleinen Kindern auf zuckerhaltige Getränke zu verzichten und auf Wasser als Hauptgetränk zu setzen.

RTS «On en parle», 10.12.2024, 8:33 Uhr

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