Libyen liegt an einer der meistgenutzten Migrationsrouten der Welt. Von hier aus starteten in den letzten Jahren unzählige Menschen, um nach Europa zu gelangen. Das Land selbst ist in einer prekären Lage. Auf den Sturz von Machthaber Gaddafi im Jahr 2011 folgte ein langer Bürgerkrieg, dessen Folgen noch heute sichtbar sind. Morde, Verschleppungen, Verhaftungen ohne Prozess und Folter kommen immer wieder vor und bleiben oft straflos. Zwei Regierungen gibt es, aber keinen Staat.
Die Hoffnungen ruhen auf der neuen Generation
Wie sich junge Menschen unter solchen Umständen eine Zukunft aufbauen sollen, ist nur schwerlich vorstellbar. Aber es gibt sie. Das Fernsehen der italienischsprachigen Schweiz RSI hat einige getroffen.
Oft sind es die besser ausgebildeten jüngeren Generationen, die in Libyen die Chancen sehen und schliesslich auch ergreifen. Ein gutes Beispiel dafür ist der «Innovation Garden». Dieses Projekt sieht sich selbst als eine Art Beschleuniger für Start-ups. Es hilft jungen libyschen Unternehmerinnen und Unternehmern, Kapital aufzutreiben und erste Schritte auf dem Markt zu machen.
Einer dieser Jungunternehmer ist Abdallah. Er hat teils im Ausland studiert, wo die Idee für sein Projekt in seiner Heimat entstand. «Ich bin überzeugt, dass wir unserem Land viel geben können», sagt er, «es braucht Energie, Produktivität, Entschlossenheit und den Willen, gute Dinge zu tun.»
Ihm gehört ein Landwirtschaftsbetrieb nahe Tripolis, mit dem er versucht, Hydrokultur nach Libyen zu bringen. Es kann überall praktiziert werden, da diese Methode nicht von spezifischen Bodeneigenschaften abhängt. In Abdallahs Gewächshaus wachsen kleine Salatpflanzen heran, die ohne Erde und stattdessen in recyceltem Wasser gepflanzt werden.
«Libyen soll das beste Land der Welt werden»
Die positive Energie, etwas bewegen zu wollen, findet sich auch bei den noch Jüngeren. In einer Schule in Tripolis trifft sich jede Woche das «Quanta Team», um an Robotern zu tüfteln.
Die Jungen in dem Robotik-Team sind zwischen 14 und 18 Jahre alt. 2024 vertraten sie ihr Land bei einem internationalen Wettbewerb in den USA, wo sie einen Roboter präsentierten, den sie komplett selbst entworfen, programmiert und gebaut haben. Und das ohne die eigentlich unverzichtbaren Komponenten, da es diese in Libyen nicht gibt.
«Ich möchte der beste Programmierer der Welt werden, mit meinem eigenen Robotik-Team», sagt der 15-jährige Emad, «und ich möchte, dass Libyen das beste Land der Welt wird!»