«Es besteht die Tendenz, eine nicht existierende Schönheit zu wünschen, die surreal ist.» Das sagt Laura Balint, eine medizinische Ästhetikerin. Sie hat viele junge Menschen als Patienten. «Mit Filtern sehen wir alle perfekt aus, aber das ist nicht die Realität.»
Viele Mädchen und Jungen wollen sich kosmetisch behandeln zu lassen, um den Prominenten der Stunde zu ähneln, aber vor allem, um dem Schönheitsideal nachzujagen, das ihnen von den sozialen Medien vorgelebt wird. Aufgeplusterte Lippen, Botox gegen Falten und formschönere Nasen gehören zu den Top-Wünschen junger Menschen, die sich an Zentren für ästhetische Medizin wenden.
Sehr beliebt geworden ist auch die Keratopigmentierung, eine Operation zur Veränderung der Augenfarbe. In der Schweiz bieten einige Kliniken erst seit wenigen Monaten dieses Verfahren an. Es handelt sich um eine Art Hornhaut-Tattoo, das 7000 bis 12'000 Franken kostet.
Weltweit gibt es etwa ein Dutzend Ärzte, die diese Art von Operationen durchführen, darunter der Augenchirurg Renato de Natale. «Die Beweggründe, die Patienten dazu bringen, ihre Augenfarbe zu ändern, sind die gleichen wie die, die Menschen dazu bringen, sich einer kosmetischen Operation zu unterziehen», sagt er. «Dahinter steht die Unzufriedenheit mit dem eigenen Aussehen und der Wunsch, sich zu verändern, und zwar zum Besseren.»
Der Traum von blauen Augen
Eine Patientin, die sich einer Keratopigmentierung unterzogen hat, ist Roberta, 21 Jahre alt. Sie hat braune Augen, aber ihr Traum ist es, blaue Augen zu haben. «Seit ich zwölf Jahre alt bin, möchte ich meine Augenfarbe ändern, ich möchte sie hellblau haben, wie die von Barbie», sagt sie.
Francis Ferrari, Augenchirurg in Paris, ist ein Pionier der Keratopigmentierung. «Es gibt vier Techniken, um die Farbe der Augen zu verändern», erklärt er gegenüber dem Tessiner Fernsehen RSI. «Die neuste Technik habe ich vor elf Jahren erfunden. Dabei wird die Farbe in die Hornhaut eingebracht, indem man mit einem Laser einen kreisrunden Hohlraum schafft, in den wir die Farbe manuell einbringen.»
Die Operation der Hornhautpigmentierung wird unter lokaler Anästhesie durchgeführt. Aber besteht auf lange Sicht nicht die Gefahr einer dauerhaften Beschädigung des Auges? «Das ist nicht unmöglich», antwortet Ferrari. Inzwischen warnt die American Academy of Ophthalmology, der weltweit grösste Verband von Augenärzten, vor diesem Verfahren zu kosmetischen Zwecken.
Langfristiges Risiko erheblich
Moreno Menghini, Chefarzt der Augenheilkunde am Kantonsspital im Tessin, ist ebenfalls besorgt. «Was mir grosse Sorgen macht, sind die langfristigen Risiken», betont er gegenüber RSI. «Die Injektion eines Fremdkörpers in die Hornhaut kann zu einer noch tieferen Entzündung führen. Wenn man dann eines Tages eine Operation gegen den grauen Star durchführen muss, wird es für den Chirurgen viel schwieriger, die Operation durchzuführen.»
Über mögliche Langzeitkomplikationen der Keratopigmentierung gibt es noch keine gesicherten Erkenntnisse. Denn die ersten solchen Eingriffe wurden erst vor zehn Jahren durchgeführt.
Was ist also von dem Eingriff zu halten? «Es ist absurd», sagt Menghini. «Wir nehmen in Kauf, ein Wunder der Natur zu zerstören. Wir nehmen aus Gründen der Eitelkeit sogar in Kauf, in Zukunft blind zu werden.»