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Raketenangriffe auf die Ukraine
Aus SRF 4 News vom 26.03.2024. Bild: Keystone-SDA
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Ukrainischer Aussenminister «Wir sind Bundespräsidentin Viola Amherd und der Schweiz dankbar»

Im Exklusivinterview mit Swissinfo spricht der ukrainische Aussenminister Dmytro Kuleba über die Sanktionen der Schweiz, die Neutralitätspolitik und die bevorstehende Friedenskonferenz in der Schweiz.

Dmytro Kuleba

Ukrainischer Aussenminister

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Von 2019 bis 2020 war Dmytro Kuleba Erster Vize-Ministerpräsident und Minister für europäische und euroatlantische Integration der Ukraine. Durch eine Kabinettsumbildung wurde er 2020 zum Aussenminister ernannt.

Swissinfo: Die Schweizer Behörden haben im Rahmen der Sanktionsmassnahmen russische Vermögenswerte eingefroren. Was sollte Ihrer Meinung nach in Zukunft mit diesen Guthaben in der Schweiz geschehen, ohne dass das Recht auf Privateigentum verletzt wird?

Dmytro Kuleba: Wir wissen, dass es unwahrscheinlich ist, dass Russland freiwillig für die verursachten Kriegsschäden aufkommen wird. Deshalb arbeiten die demokratischen Länder der Welt an der Schaffung eines universellen Entschädigungsmechanismus. Und wir sind nach wie vor der Meinung, dass Vermögenswerte, die von Partnerstaaten im Rahmen von Sanktionen eingefroren wurden, zur Finanzierung von Entschädigungszahlungen verwendet werden sollten. Dabei geht es sowohl um souveräne Vermögenswerte eines Staates, der gegen das Völkerrecht verstösst, als auch um Vermögenswerte von Einzelpersonen, die das Vorgehen des Aggressors unterstützen.

Wir glauben, dass es für die Schweiz Raum für weitere Massnahmen gibt.

Ich möchte betonen, dass das geltende Völkerrecht eine notwendige Rechtsgrundlage für die Beschlagnahmung eingefrorener russischer Vermögenswerte bietet. So erlauben beispielsweise die UNO-Artikel über die Verantwortlichkeit von Staaten für völkerrechtswidrige Handlungen aus dem Jahr 2001 eine solche Gegenmassnahme als Reaktion auf eine Aggression. Auch führende internationale Fachleute auf diesem Gebiet haben die Rechtmässigkeit eines solchen Vorgehens bestätigt.

Wir begrüssen die konsistente Sanktionspolitik der Schweiz. Nach unseren Informationen hat die Schweiz rund 15 Milliarden US-Dollar an russischen Vermögenswerten blockiert – sowohl private als auch staatliche. Wir haben bereits das Beispiel Belgiens gesehen, das Zinserträge aus eingefrorenen Geldern verwendet. Das könnte auch für die Schweiz ein erster Schritt sein. Letztlich fordern wir die Verwendung aller beschlagnahmten und eingefrorenen russischen Vermögenswerte.

Gegenwärtig hat die Schweiz 7.5 Milliarden Franken an Vermögenswerten sanktionierter russischer Personen eingefroren, was lediglich fünf Prozent der auf 150 Milliarden Franken geschätzten russischen Gelder in der Schweiz entspricht. Wir glauben, dass es für die Schweiz Raum für weitere Massnahmen gibt. Solche Massnahmen vermitteln die Botschaft, dass Aggression inakzeptabel ist und dass sich alle an die Regeln halten müssen. Dies wird eine starke Abschreckung für jedes Land sein, das versucht ist, eine bewaffnete Aggression zu starten.

Zwei Jahre nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine – hat sich Ihr Blick auf die Schweizer Neutralität verändert?

Wie für andere neutrale Länder wie Österreich, Irland und andere, welche die Ukraine unterstützen, bedeutet die Neutralität der Schweiz keine Gleichgültigkeit. Das ist für uns das Wichtigste. Wir schätzen es sehr, dass die Schweiz trotz ihrer aktiven Neutralität einen Weg gefunden hat, sich auf die Seite der Ukraine zu stellen – auf die Seite des Völkerrechts, der Gerechtigkeit und der Rechtsstaatlichkeit. Sei es, indem sie sich den EU-Sanktionen gegen Russland angeschlossen oder sich aktiv am Wiederaufbau der Ukraine beteiligt hat, dass sie humanitäre Hilfe leistet, die ukrainische Friedensformel vorantreibt und sich bereit erklärt hat, dieses Jahr einen globalen Friedensgipfel auszurichten.

Was ist Wolodimir Selenskis Friedensformel?

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Der ukrainische Präsident hat im November 2022 bei einem G20-Treffen seinen Friedensplan vorgestellt. Hier ist eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:

  1. Strahlenschutz und nukleare Sicherheit, besonders im Zusammenhang mit Europas grösstem Atomkraftwerk in Saporischschja, das nun unter russischer Kontrolle steht;
  2. Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit mit Schwerpunkt auf der Sicherung der Getreideexporte der Ukraine in arme Länder;
  3. Energiesicherheit, mit Schwerpunkt auf Preisbeschränkungen für russische Energieressourcen;
  4. Freilassung aller Gefangenen und Deportierten, einschliesslich der Kriegsgefangenen und der nach Russland deportierten Kinder;
  5. Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine, die Russland gemäss der UNO-Charta anerkennen muss;
  6. Abzug der russischen Truppen und Einstellung der Kampfhandlungen zur Wiederherstellung der Staatsgrenzen der Ukraine;
  7. Schaffung von Gerechtigkeit durch die Einrichtung eines Sondertribunals zur Verfolgung russischer Kriegsverbrechen;
  8. Schutz der Umwelt;
  9. Vermeidung einer weiteren Eskalation des Konflikts und Aufbau einer Sicherheitsarchitektur im euro-atlantischen Raum, die Garantien für die Ukraine bietet;
  10. formelle Anerkennung des Kriegsendes, einschliesslich einer von allen beteiligten Parteien unterzeichneten Dokumentation.

Sie sprechen von der geplanten Friedenskonferenz in der Schweiz. Wie beurteilen Sie diese Initiative?

Wir sind Bundespräsidentin Viola Amherd und der Schweiz dankbar dafür, dass sie einmal mehr eine echte Führungsrolle in den Friedensbemühungen übernimmt und sich bereit erklärt hat, dieses bedeutende, historische Ereignis auszurichten. Dieser Entscheid stärkt zweifellos die Autorität und den Einfluss der Schweiz auf internationaler Ebene.

Russland wird den Willen der weltweiten Mehrheit nicht ignorieren können, wenn wir alle mit einer starken Stimme sprechen.

Der Weltfriedensgipfel wird Staats- und Regierungschefs aus aller Welt zusammenbringen, denen das Völkerrecht, der Frieden und die Sicherheit am Herzen liegen. Ich möchte Ihre Leserinnen und Leser daran erinnern, dass mehr als 140 Länder in der UNO-Generalversammlung für die Resolutionen zur Ukraine gestimmt haben. Diese Resolutionen verurteilen die russische Aggression und fordern Moskau auf, seine Militäraktionen einzustellen und seine Truppen aus dem ukrainischen Hoheitsgebiet innerhalb der international anerkannten Grenzen abzuziehen. Der Internationale Gerichtshof hat verbindliche Anordnungen erlassen, die das Gleiche fordern.

Mit anderen Worten: Drei Viertel der Länder der Welt, die alle Kontinente und Regionen vertreten, verurteilen die illegale Aggression und fordern Russland auf, die Ukraine zu verlassen. Russland wird den Willen der weltweiten Mehrheit nicht ignorieren können, wenn wir alle mit einer starken Stimme sprechen.

Das schriftliche Interview wurde von Elena Servettaz geführt, von Michael Heger auf Deutsch übersetzt, von Virginie Mangin editiert.

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Dieser Artikel enthält nur einige der Fragen und Antworten von Dmytro Kuleba und wurde durch die «dialog»-Redaktion zusammengefasst. Die vollständige Version können Sie auf swissinfo.ch lesen.

«dialog» verbindet Menschen in allen Sprachregionen sowie Schweizerinnen und Schweizer im Ausland.

Tagesschau, 25.03.2024, 12:45 Uhr ; 

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