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Unruhe im internationalen Genf Wie abhängig ist Genf von den USA?

Das internationale Genf könnte enorm unter dem Einfrieren der US-Subventionen leiden. Ein Überblick in Zahlen, wie abhängig die Wiege der humanitären Hilfe von den Vereinigten Staaten ist.

Seit Donald Trump Ende Januar die US-Subventionen an internationale Organisationen für 90 Tage ausgesetzt hat, sind die Vereinten Nationen beunruhigt.

Und das zu Recht: Im Jahr 2023, dem letzten Referenzjahr, finanzierten die USA das System der Vereinten Nationen zu 28 Prozent – das ist mehr als Deutschland, Grossbritannien, China und Japan zusammen investierten.

Ein beträchtlicher Teil dieser Milliarden floss nach Genf. Denn der Kanton ist Sitz von 38 internationalen Organisationen. Und diese sind, ähnlich wie die Vereinten Nationen, teils stark abhängig von den USA.

Schwankende Abhängigkeiten

Um herauszufinden, welche Organisationen am meisten vom potenziellen Ausbleiben der US-Gelder gefährdet sind, hat das Westschweizer Fernsehen RTS einen Abhängigkeitsgrad berechnet aufgrund der Zahlen aus dem Referenzjahr 2023.

Ergebnis: An der Spitze der Abhängigkeit steht das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR), dessen Budget zu 57 Prozent von den USA finanziert wird. Dahinter folgt die Internationale Organisation für Migration (IOM), deren Etat zur Hälfte aus den USA stammt.

Auch die Zukunft von UNAIDS erscheint düster, da 48.7 Prozent ihres Budgets im Jahr 2023 direkt aus US-Mitteln kamen.

Die Welt­gesund­heits­organi­sation (WHO) und die Internationale Arbeitsorganisation (ILO), die grössten Genfer Arbeitgeber unter den internationalen Organisationen mit 3000 respektive 1170 Beschäftigten, hängen dagegen nur zu einem Viertel beziehungsweise einem Fünftel ihres Budgets von den USA ab.

Bedrohte Schweizer NGOs

Auch die Perspektiven einiger Nicht­regierungs­organi­sationen könnten sich verdüstern. An erster Stelle steht der Global Fund, ein globaler Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria, der rund 1300 Personen im Kanton Genf beschäftigt.

Für den Zeitraum 2023 bis 2025 verfügt der Fonds über ein Budget von 12.6 Milliarden Dollar, von denen 3.1 Milliarden aus den USA erwartet werden.

Ebenso eng mit den USA verbunden ist die globale Allianz für Impfstoffe und Immunisierung (Gavi), ein öffentlich-privates Projekt mit Sitz in Genf.

Für den Zeitraum 2021 bis 2024 erhielt Gavi 890 Millionen Dollar aus den USA, was 12.9 Prozent des Gesamtbudgets entspricht.

Eine weitere wichtige humanitäre Hilfsorganisation in Genf ist das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK). Es beschäftigt rund 1300 Personen in Genf. Zwischen 2023 und 2024 erhielt es 643.8 Millionen Dollar aus den USA, was 30 Prozent seines Budgets ausmacht.

Ein lukratives Geschäft für US-Unternehmen

Doch die USA sind nicht nur ein riesiger Geldgeber. Die 13 Milliarden Dollar, die 2023 in verschiedene internationale Organisationen geflossen sind, sichern den USA auch eine führende Position als Hauptlieferant des UNO-Systems.

So wurden allein im Jahr 2023 Aufträge im Wert von 1.5 Milliarden Dollar an US-Firmen vergeben.

Zu den Hauptprofiteuren gehörten Pharmariesen wie Pfizer (94 Millionen Dollar) und Merck & Co. (91 Millionen Dollar). Auch Unternehmen wie American Express (50 Millionen Dollar) oder Microsoft (41 Millionen Dollar) profitierten.

Sollte Donald Trump endgültig den Stecker ziehen, wäre nicht nur Genf betroffen – auch bedeutende Akteure der US-Wirtschaft würden lukrative Verträge verlieren.

RTS Mise au point, 23.03.2025, 20.10 Uhr

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