Die Stadt Luzern gehört zu den touristischen Highlights der Schweiz: fast sieben Millionen Menschen lockt die Stadt pro Jahr an. Ein Erfolg, der viele Einwohnende nervt, wie Valentin Humbel, Präsident der Juso Luzern, sagt: «Alle 70 Sekunden fährt ein Bus auf den Schwanenplatz. Ich fahre hier jeden Tag mit dem Velo vorbei und die Busse sind wirklich gefährlich.»
Während sich die Luzerner Behörden ihrerseits über den mit dem Tourismus verbundenen Geldsegen freuen, ist dies in Lauterbrunnen nicht der Fall. Im kleinen Dorf im Kanton Bern kommt die Mehrheit der Besucher nur für einen Tagesausflug: die schlimmste Situation für eine Gemeinde, da sie die Folgen des Massentourismus tragen muss, ohne davon profitieren zu können.
Die RTS-Sendung Mise au Point hat einen Bus mit chinesischen Touristen auf einer Expressfahrt durch die Schweiz begleitet:
Lösungen zur Bekämpfung des Übertourismus
Angesichts dieser Unannehmlichkeiten beginnen einige Orte, Massnahmen zu ergreifen. Im Kanton Bern verlangt Iseltwald nun Geld für den Zugang zu einem berühmten Selfie-Ort am Brienzersee, während Lauterbrunnen eine «Talsteuer» für Autos einführen will: Die Anzahl der Autos, die ins Tal gelassen werden, soll auf die Anzahl der Parkplätze begrenzt werden. Für Markus Berger von Schweiz Tourismus sind diese Vorschläge begrüssenswert, solange sie die Touristen respektieren.
Aber besteht die Gefahr, dass höhere Preise die Touristen abschrecken? Nein, meint Markus Berger: «Die Schweiz ist ein Hochpreisland. Sie war es schon immer und wird es auch weiterhin sein. Das bedeutet, dass die Schweiz ohnehin nur eine bestimmte Art von Gästen anspricht.»
Interview mit Markus Berger von Schweiz Tourismus auf SRF :
Das Verzascatal: der Tessiner Sonderfall
Auch im Verzascatal im Tessin sorgen Tausende von Autos für Staus. Diese Situation hat die lokalen Behörden kürzlich dazu veranlasst, Informationstafeln über die Verfügbarkeit von Parkplätzen aufzustellen.
Die RSI-Reportage über das Verzascatal:
Dasselbe Tal profitiert aber auch von einem positiven Aspekt des Tourismus. Das kleine Dorf Corippo wurde im Laufe der Zeit von seinen Bewohnern verlassen. Vor zwei Jahren wurde das ganze Dorf deshalb zu einem Hotel, die leerstehenden Häuser zu Hotelzimmern. Ein originelles Projekt, das mithilfe der Touristen das Erbe bewahren und gleichzeitig das Dorf wirtschaftlich und sozial wiederbeleben soll:
Auf dem Weg zu einem nachhaltigen Tourismus
In diesem Jahr wird die Tourismus- und Reisebranche voraussichtlich ihr Niveau von vor der Pandemie erreichen oder sogar überschreiten. Dadurch bestehe zwar die Gefahr eines Übertourismus, doch Francisco Betti, Co-Autor eines Berichts für das World Economic Forum (WEF) über den weltweiten Tourismus, sagt in einem Artikel von Swissinfo, dass die Schweiz angesichts dieser möglichen Auswüchse ziemlich gut gerüstet sei. Der Föderalismus ermöglicht es nämlich, die Besucherströme besser zu steuern, weniger bekannte Reiseziele zu fördern und alle Interessengruppen einzubeziehen, um sicherzustellen, dass der Tourismus allen zugutekommt.