- In der Schweiz sollen künftig auch gleichgeschlechtliche Paare heiraten dürfen.
- Nach dem Ständerat nimmt auch der Nationalrat Gesetzesänderungen an, welche die «Ehe für alle» ermöglichen.
- Bis zuletzt umstritten war die Frage, ob lesbische Paare Zugang zur Samenspende haben sollen. Nun sagen beide Kammern Ja.
- Die Vorlage ist somit bereit für die Schlussabstimmung.
Der Nationalrat hat heute die letzten Differenzen in der vor sieben Jahren von den Grünliberalen angestossenen Vorlage bereinigt. Damit sollen gleichgeschlechtliche Paare künftig ebenso wie Frau und Mann eine Ehe eingehen dürfen. Verheiratete lesbische Paare erhalten zudem Zugang zur Samenspende. Die Bestimmungen, die das Parlament in die Vorlage eingefügt hat, trägt auch der Bundesrat mit.
Der Nationalrat folgte bei der Samenspende für Frauen-Paare der Formulierung des Ständerats. Demnach gilt die Ehefrau der Mutter auch als Mutter des Kindes, wenn dieses gemäss den Vorgaben im Fortpflanzungsmedizingesetz gezeugt worden ist, aber nicht nach einer Samenspende im Ausland. Das soll sicherstellen, dass das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung gewährleistet ist.
Wird die Vorlage in der Schlussabstimmung angenommen, können eingetragene Partnerinnen und Partner künftig ihren Zivilstand in eine Ehe überführen. Vollständig gleichberechtigt mit heterosexuellen Paaren sind sie aber nicht. Nicht Bestandteil der Ehe für alle ist die Leihmutterschaft, mit der auch verheiratete Männer-Paare Kinder bekommen könnten. Auch die Hinterlassenenrente wurde ausgeklammert, um die Vorlage nicht zu überlasten.
Ein historischer Schritt für die Schweiz
SP und Grüne sprachen heute im Nationalrat von einem historischen Schritt in Richtung Gleichstellung von homosexuellen mit heterosexuellen Paaren. «Es ist beinahe vollbracht», sagte Kathrin Bertschy (GLP/BE) und erinnerte an den ersten Vorstoss der Grünen vor 20 Jahren im Parlament. Mit der Gleichstellung der Geschlechter tue sich die Schweiz allerdings schwer, stellte Bertschy fest.
Während der Handlungsbedarf bei diesem Thema in der Schweiz nahezu unbestritten ist, stiessen sich die beiden Kammern lange Zeit an gewissen Details. Der Ständerat hatte vor einer Woche ausführlich über die Frage diskutiert, ob für die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare die Verfassung geändert werden muss. Der fragliche Verfassungsartikel meine die Ehe zwischen Mann und Frau und müsse deshalb angepasst werden, fanden Vertreter von SVP und CVP. Mit 22 zu 20 Stimmen entschied der Rat knapp, dass eine Gesetzesänderung ausreiche.
Referendum steht bereits im Raum
Weiter stand zur Diskussion, ob lesbische Paare auch Zugang zur Samenspende haben sollen. Im Nationalrat war bis zuletzt umstritten, ob dieser Zugang mit der Bundesverfassung konform ist. Einen Minderheitsantrag von Philipp Matthias Bregy (CVP/VS), die Samenspende deshalb aus der Vorlage zu nehmen, lehnte der Rat aber mit 133 zu 57 Stimmen ab.
Bereits steht ein Referendum gegen die Vorlage zur «Ehe für alle» im Raum. Angekündigt hat es die Eidgenössisch-Demokratische Union (EDU). Die konservative Partei stört, dass die gleichgeschlechtliche Ehe ohne Verfassungsänderung eingeführt werden soll. Und die Samenspende für Lesben-Paare ist in den Worten der EDU «rechtlich und moralisch bedenklich».