«Die Regierung verkauft unsere Wälder an grosse Unternehmen und füllt damit ihre Taschen mit Geld. Für uns besteht das Leben aus mehr als bloss Geld», sagt Inui Yeq in einem jüngst veröffentlichten Film der NGO Forest Peoples Programm.
Die alte Frau gehört den Indigenen der Dayak an und lebt in Kalimantan, dem indonesischen Teil von Borneo. «Wie sollen wir ohne Wald überleben? Wo finden wir dann noch Medizin, wenn wir krank werden? Wir beschützen dieses Land, so wie das unsere Vorfahren getan haben und unsere Enkel tun werden.»
Palmölplantagen seien längst in Gebiete vorgedrungen, die noch vor wenigen Jahren unberührt gewesen seien, sagt Angus Mac Innes, der den Film über die Indigenen auf Borneo gemacht hat. «Die grössten Veränderungen sind die riesigen Infrastrukturprojekte wie beispielsweise der Trans-Borneo-Highway. Mit den Strassen kommen Holz-, Bergbau- und dann Palmölunternehmen in die einst unberührten Lebensräume von Indigenen.»
Laut der Organisation Global Forest Watch wurden in den vergangenen knapp 20 Jahren in Indonesien ungefähr 100'000 Quadratkilometer Regenwald abgeholzt. Das ist mehr als zweimal die Fläche der Schweiz. Auf einem grossen Teil dieses Landes wurden Palmölplantagen angelegt.
Die Palmölfirmen tricksen die Indigenen aus und sagen, sie würden das Land nur ausleihen. Später merken die Indigenen, dass sie ihren Wald verloren haben.
Für die Indigenen bedeute dies Vertreibung und Konflikte. Denn ihre Landrechte bestünden meist nur auf dem Papier, sagt Norman Jiwan. Er ist selbst Dayak und arbeitet für die Organisation Walhi, die sich für die Rechte der Indigenen einsetzt: «Die Palmölfirmen versprechen den Indigenen ein besseres Leben. Sie tricksen sie aus und sagen, sie würden das Land nur ausleihen. Später merken die Indigenen, dass sie ihren Wald verloren haben und es keinen Platz mehr hat für ihre traditionelle Landwirtschaft.»
Während auf Borneo und Sumatra bereits grosse Flächen des Regenwaldes in Palmölplantagen umgewandelt wurden, hat die Palmölindustrie seit einigen Jahren Westpapua für sich entdeckt – zum Leid der Indigenen, so Heinzpeter Znoj vom Institut für Sozialanthropologie der Universität Bern: «In Westpapua sind die letzten grossen Regenwaldflächen, die jetzt nach und nach besetzt werden, wo gewaltige Palmölplantagen angelegt werden.»
Auch dort würden Indigene vertrieben, teils kompensiert mit geringen Zahlungen, so Znoj. «Die einheimische Bevölkerung wird zunehmend ihrer Ressourcen beraubt. Man spricht in der Literatur von einem Genozid in Zeitlupe.»
Nachhaltigkeitslabels: «Greenwashing»
Die Palmölindustrie versucht zwar mit Nachhaltigkeitslabels gewisse Standards zu schaffen. So ist etwa die Rodung von Regenwald verboten. Die Standards seien jedoch ungenügend und würden oft nicht eingehalten, so die Kritik.
Was wir importieren, ist ganz normales Palmöl. So wie es jetzt produziert wird, beruht es auf einer industriellen Plantagenwirtschaft.
Zudem sei der Zertifizierungsprozess so teuer, dass ihn sich die Kleinbauern, die in gemischten Gärten noch am nachhaltigsten produzierten, gar nicht leisten könnten, kritisiert Znoj: «Es ist ein Greenwashing, das da stattfindet. Was wir importieren, ist ganz normales Palmöl. So wie es jetzt produziert wird, beruht es auf einer industriellen Plantagenwirtschaft. Nur auf diese Weise kann Palmöl überhaupt so billig werden, dass es den Weltmarkt für Pflanzenöle so stark dominiert, wie wir das jetzt sehen.»
Um die Regenwälder und die Indigenen zu schützen, um Indonesien wirklich zu entwickeln, dürfe die Regierung nicht nur die Interessen der Palmölgiganten schützen, fordert der Indigene Jiwan, sondern: «Sie muss die Landrechte der Indigenen respektieren und schützen und ihnen den Wald zurückgeben.» Zurzeit geschieht in Indonesien jedoch das Gegenteil.