- Gemäss SRG-Umfrage sind 52 Prozent der Stimmberechtigten für das Freihandelsabkommen mit Indonesien, 41 dagegen.
- Viele der Befragten sehen die lokale Palmölindustrie zwar kritisch, halten aber auch die Interessen der Wirtschaft hoch.
- Im wahrscheinlicheren Fall wird der Handelsvertrag am 7. März an der Urne angenommen.
Ein Hauch Konzernverantwortungs-Initiative – und trotzdem auf relativ komfortablem Ja-Kurs: So lassen sich die Mehrheitsverhältnisse in der Schlussphase des Abstimmungskampfes beim Freihandelsabkommen mit Indonesien beschreiben.
Umweltthemen politisch en vogue
Eigentlich liefert ein Kräftemessen von Wirtschafts- und Umweltinteressen immer Stoff für einen emotionalen Abstimmungskampf. Ähnliche Schlagkraft wie die Konzernverantwortungs-Initiative entfaltet die Kampagne der Gegnerschaft des Freihandelsabkommens aber bislang nicht.
Für Martina Mousson vom Forschungsinstitut gfs.bern, das die Umfrage im Auftrag der SRG SSR durchführte, hat das einen einfachen Grund: «Die Vorlage ist der Nebenschauplatz der kommenden Abstimmungen und auf beiden Seiten gab es zuletzt noch viele Unentschiedene.»
Spätestens seit den Wahlen 2019 ist das Umweltthema sehr präsent in der Schweiz.
Die Gegner des Abkommens warnen, dass die Palmölindustrie im Inselstaat riesige Regenwaldflächen zerstöre und die Grundrechte der indigenen Landbesitzer missachte. Damit findet das Referendumskomitee «Stop Palmöl aus Indonesien» Gehör: 88 Prozent der Befragten finden, dass Menschenrechte und Umwelt endlich mehr Gewicht in den Beziehungen mit anderen Ländern erhalten sollen.
Dass die Forderung Anklang findet, überrascht Mousson nicht. «Spätestens seit den Wahlen 2019 ist das Umweltthema sehr präsent in der Schweiz.» Die Einhaltung von Umweltstandards sei quasi ein neuer helvetischer Konsens.
Im letzten Herbst riss der «Grünrutsch» beinahe die mächtigen Wirtschaftsverbände mit sich: Die Konzernverantwortungs-Initiative holte das Volksmehr und scheiterte erst am Ständemehr.
Doch auch die ökonomischen Interessen werden von den Stimmberechtigten hochgehalten. «Und entscheidend sind letzten Endes die wirtschaftlichen Vorzüge für die Schweiz: der Zugang zu diesem grossen Markt, der Abbau von Zöllen und Handelshemmnissen», so Mousson.
Zudem würden die Befürworter erfolgreich das Argument einbringen, dass ökologische Aspekte im Abkommen berücksichtigt würden – so etwa, dass der Palmöl-Import kontingentiert werde.
Klassisches Links-rechts-Schema
Der Gegnerschaft fehlt also bislang die Durchschlagskraft, um das Abkommen zu Fall zu bringen. Das zeigt sich auch darin, dass der Handelsvertrag im linken Lager zwar deutlich abgelehnt wird. Ab der GLP-Wählerschaft setzt aber ein gegenläufiger Trend mit teils hohen Zustimmungsraten ein, der bei der FDP-Wählerschaft mit fast 80 Prozent seinen Höhepunkt erreicht.
Wie oft bei Umwelt- und Menschenrechtsfragen geht ein Geschlechtergraben auf: Frauen lehnen das Abkommen zu 46 Prozent ab (45 Prozent dafür), während lediglich 36 Prozent der Männer dagegen sind (58 Prozent dafür).
Nein-Lager hat Momentum
Gretchenfrage bleibt für Mousson, ob die Vorzüge für die Schweiz die Schäden der Palmölproduktion in Indonesien rechtfertigen. Über diese Frage wird sich das Stimmvolk in den rund eineinhalb Wochen bis zur Abstimmung noch Gedanken machen können.
Der Trend spricht zwar für eine Annahme des Abkommens. Ausschliessen lasse sich eine Ablehnung aber nicht, schliesst die Politologin: Denn das Nein-Lager hat in den letzten Wochen stärker zugelegt als dasjenige der Befürworter.