Als Prinz William (40) und sein jüngerer Bruder Prinz Harry (37) vor gut einem Jahr ein neues Denkmal für ihre vor 25 Jahren gestorbene Mutter Diana enthüllten, war nicht nur räumlich eine deutliche Distanz zwischen den beiden zu bemerken. Augenkontakt schienen sie zu vermeiden und nur wenige Worte zu wechseln.
Die beiden Söhne, die das tragische Schicksal ihrer Mutter jahrelang zusammengeschweisst zu haben schien, haben sich entfremdet. Nun ringen sie um ihr Vermächtnis.
Es ist beinahe so, als habe sie ihren Teil mit meinem Bruder erledigt und helfe jetzt vor allem mir.
Deutlich wurde das bei einem Interview, das der inzwischen im US-Bundesstaat Kalifornien lebende Harry dem US-Sender NBC im Frühjahr gab. Er fühle Präsenz seiner Mutter in den vergangenen zwei Jahren mehr als je zuvor seit ihrem Tod, sagte Harry.
Er habe sogar das Gefühl, sie habe sich ihm nun stärker zugewandt als William. «Es ist beinahe so, als habe sie ihren Teil mit meinem Bruder erledigt und helfe jetzt vor allem mir», erklärte Harry im Hinblick auf seine kleine Familie mit den beiden Kindern Archie (3) und Lilibet (1) und fügte hinzu: «Sie hat uns im Blick.» Er sei sich sicher, dass sie stolz auf ihn sei.
Harry will Memoiren veröffentlichen
Ende dieses Jahres will Harry sogar noch einmal nachlegen mit der geplanten Veröffentlichung seiner Memoiren, in denen er auspacken will über das Aufwachsen am Hof. Der Tod seiner Mutter dürfte darin eine wichtige Rolle spielen.
Für das ohnehin gestörte Verhältnis zu den übrigen Royals verheisst das nichts Gutes. Auch Prinz William arbeitet daran, sichtbar in die Fussstapfen seiner Mutter zu treten, die als «Königin der Herzen» galt und sich in ganz neuer Weise den Ausgestossenen und Stigmatisierten zuwandte.
William als Obdachlosenzeitschrift-Verkäufer
Kurz vor seinem 40. Geburtstag in diesem Jahr verdingte sich William einen Tag lang als Verkäufer der Obdachlosenzeitschrift «The Big Issue» in London. «Seit ich mit meiner Mutter hierherkam, war Obdachlosigkeit ein Problem, gegen das ich angehen wollte. Ich habe alles getan, was ich konnte, um die Obdachlosen in den Fokus zu bringen, und ich will noch viel mehr tun», sagte er über einen Besuch in einem Heim für Obdachlose mit seiner Mutter im Jahr 1993.
Doch Harry gibt den Takt an: Als er im vergangenen Jahr zusammen mit seiner Frau Meghan (41) der US-Talkshowlegende Oprah Winfrey ein ausführliches Interview gab, stellte er sogar einen Zusammenhang zwischen dem Schicksal seiner Mutter und der eigenen Abwendung vom Königshaus her.
Spekuliert wurde, die legendäre Abrechnung seiner Mutter im Fernsehen könnte Harry dazu ermutigt haben, ebenfalls die Öffentlichkeit zu suchen. Doch es gibt einen entscheidenden Unterschied: Mehr als 25 Jahre nach dem BBC-Interview stellte sich heraus, dass Diana ein Opfer von Manipulation geworden war.
In einem sind sich die Brüder einig: Sowohl William als auch Harry haben nie einen Zweifel daran gelassen, dass sie die Schuld für den Tod ihrer Mutter nicht etwa bei deren betrunkenem Fahrer, sondern bei den Medien sehen, die sie hetzten.
Deutlich unterscheidet sich jedoch ihre Bewertung darin, welchen Anteil das Königshaus hatte. Nimmt man die Popularität der beiden Prinzen in der britischen Bevölkerung zum Massstab, dann hat William im Wettlauf mit seinem Bruder um das Erbe der «Königin der Herzen» deutlich die Nase vorn. Er liegt laut Meinungsforschungsinstitut Yougov nach der Queen und nach seiner Frau Herzogin Kate auf Platz 3 der Beliebtheitsskala. Harry ist weit abgeschlagen auf Platz 11.