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Aids-Prävention: Was kann die Schweiz von Australien lernen?
Aus Echo der Zeit vom 18.12.2022. Bild: Keystone
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Aids-Prävention Was die Schweiz bei der HIV-Eindämmung von Australien lernen kann

Immer noch stecken sich hierzulande Jahr für Jahr mehrere hundert Menschen mit dem HI-Virus an. Australien macht einiges besser. Davon kann die Schweiz lernen.

Mehr als 3000 Neuansteckungen in einem Jahr waren der Höhepunkt der HIV-Pandemie in der Schweiz im Jahr 1987. Seitdem sei viel passiert, sagt Huldrych Günthard, Infektiologe am Universitätsspital Zürich. Das zeigt sich auch in den Zahlen. Im Jahr 2021 gab es noch gut 300 HIV-Neuansteckungen.

Es braucht Ehrgeiz.
Autor: Andrew Grulich HIV-Experte aus Sydney

Drogenabhängige, die sich über gemeinsam genutzte Spritzen untereinander ansteckten, treiben die Epidemie heute kaum noch. Dazu Günthard: «Wir haben in diesem Bereich eine wirklich hocherfolgreiche Präventionskampagne, die ja schon über Jahrzehnte läuft. Da haben wir praktisch keine Neuinfektionen.»

Epidemie nur in einer Gruppe festgestellt

Entscheidend waren kostenlose Spritzen, sodass niemand mehr eine Spritze teilen musste, und schnelle Therapien. Wer unter antiviraler Therapie steht, dessen Virenlast ist so gering, dass er oder sie andere nicht mehr ansteckt. Dann gibt es importierte Infektionen wegen Sextourismus oder Migration.

Was ist eine laufende Epidemie?

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Laufende Epidemie heisst, dass das Virus zirkuliert und laufend neue Person infiziert.

Jene Aspekte fallen laut Günthard aber kaum ins Gewicht: «Eine wirkliche Epidemie in der Schweiz haben wir unter Männern, die Sex mit Männern haben.» Die Infektionen dort sinken nur noch langsam, und dies, obwohl die Schweiz im internationalen Vergleich bezüglich Aufklärung, Diagnose und Therapie sehr gut unterwegs sei.

Woran hakt es in der Schweiz?

«Es braucht Ehrgeiz», sagt Andrew Grulich, Infektiologe und HIV-Experte am Kirby Institut der Universität Sydney. Seit 2015 ist das offizielle Ziel Australiens, die Ansteckungen mit HIV auf null zu bringen. Das sei ehrgeizig, aber als Ziel nur logisch, sagt Grulich, wenn man sich anschaue, welche Werkzeuge man gegen HIV inzwischen habe.

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Schützende Kondome, simple und schnelle Tests auf das Virus sowie eine Therapie, die ein relativ normales Leben mit HIV möglich mache und die Viruslast so tief drücke, dass Therapierte nicht mehr infektiös sind. Hinzu komme die medikamentöse Ansteckungsprophylaxe. Diese war, so Grulich, «entscheidend, um sich das Ziel ‹Null Ansteckungen› zuzutrauen».

Wer die antivirale Pille vor riskanten Sexualkontakten schluckt, ist zu 100 Prozent vor Ansteckung geschützt, das zeigen Studien. Australien führte 2016 als eines der ersten Länder weltweit die sogenannte Präexpositionsprophylaxe (PrEP) breit als Mittel im Kampf gegen HIV ein. Das Programm ist staatlich gefördert, und die schützende Pille kostet die Nutzer weniger als eine Tasse Kaffee.

Infektionszahlen belegen den Effekt

PrEP nutzen heute 60 bis 70 Prozent der homosexuellen Männer mit erhöhtem Risiko. Noch 500 HIV-Ansteckungen gibt es pro Jahr in Australien mit 25 Millionen Menschen, und die Tendenz ist weiter deutlich fallend. In der Schweiz sind es gut 300 Neuansteckungen pro Jahr bei acht Millionen Menschen und die Tendenz ist nur langsam fallend.

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Damit könne man nicht zufrieden sein, so Jan Fehr, Infektiologe am Unispital Zürich. Zwar läuft seit 2019 in der Schweiz das «Swiss Prepared»-Projekt. 5000 Menschen hätten so inzwischen Zugang zur PrEP, so Fehr. Das sei schon eine gewisse Reichweite, aber reiche nicht.

Prävention ist bisher nicht die Stärke der Schweiz.
Autor: Jan Fehr Infektiologe Universitätsspital, Zürich

Mitte 2023 wird das Bundesamt für Gesundheit (BAG) eine neue HIV-Strategie in die Vernehmlassung schicken. Diskutiert wird dabei auch, der Prophylaxe zukünftig mehr Gewicht und finanzielle Mittel einzuräumen. Das sei eine Chance, sagt Fehr, denn die Schweiz sei hier nicht vorne mit dabei: «Prävention ist bisher nicht die Stärke der Schweiz.»

Echo der Zeit, 18.12.2022, 18:00 Uhr

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