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KI versteht (noch) nicht, wie die Welt funktioniert
Aus Echo der Zeit vom 03.01.2023. Bild: KEYSTONE/EPA/RITCHIE B. TONGO
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Experte ordnet ein Künstliche Intelligenz: Wann übernehmen die Roboter?

Computer-Programme, die Texte schreiben oder Bilder generieren: Die «Künstliche Intelligenz» wird immer gewiefter. Jüngstes Beispiel: Die KI «ChatGPT». Übertrifft die KI den Menschen bald in fast allem? Benjamin Grewe ist Professor für Neuroinformatik und Neuronale Systeme an der Universität Zürich und an der ETH. Er erklärt, wozu KI in der Lage ist – und wozu nicht.

Benjamin Grewe

Professor

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Benjamin Grewe ist Professor für Neuroinformatik und Neuronale Systeme an der Universität Zürich und an der ETH. Sein primärer Forschungsschwerpunkt liegt auf dem Verständnis der Grundlagen der Informationsverarbeitung und Gedächtnisbildung in neuronalen Netzwerken.

SRF News: Die Intelligenz von Menschen ermittelt man etwa mithilfe von IQ-Tests. Wie hoch ist der IQ bei künstlichen Intelligenzen?

Benjamin Grewe: Bei Tests war der IQ bei 80 oder 83. Für mich bedeutet Intelligenz aber deutlich mehr. Für mich ist es die Fähigkeit, in allen möglichen Situationen Verhalten zu generieren, das uns unserem Ziel näher bringt. Und das kann eine Maschine wie ChatGPT nicht, weil sie nur Text generieren kann. Die KI hat nie in der Welt interagiert, nie Sachen erlebt, ist nie Bus gefahren und kann demnach auch wirklich nur Sachen verstehen anhand von Texten.

Ist das auch ein Grund, weshalb vollständig selbstfahrende Autos bis jetzt noch nicht wirklich funktionieren?

Ja, ich glaube, das ist das gleiche Problem. Wenn wir uns vorstellen, dass wir Auto fahren und wir sehen, dass ein Ball auf die Strasse rollt, dann wissen wir sofort, dass dort Kinder spielen und wir vorsichtig sein müssen. Wir verstehen, wie die Welt funktioniert und bremsen. Ein selbstfahrendes Auto, das diese Szene nicht so erlebt hat, weiss hier nicht so richtig, was es machen soll. Es kann die Szene nicht sinnvoll verstehen.

Ich glaube, man müsste eine Art integrierte Intelligenz haben, die mit uns zusammen in der Welt aufwächst, vielleicht sogar in die Schule geht.

Was bräuchte es denn, dass eine künstliche Intelligenz das ebenso gut kann wie wir?

Ich glaube, es bräuchte Intelligenzen, die mit der reellen oder vielleicht auch virtuellen Welt interagieren, die darin aufwachsen, Verhalten generieren und schauen, wie das Verhalten die Umwelt verändert. Ich glaube, man müsste eine Art integrierte Intelligenz haben, die mit uns zusammen in der Welt aufwächst, vielleicht sogar in die Schule geht.

Eine Roboterhand und ein Laptop
Legende: Künstliche Intelligenz sei zwar durchaus intelligent, sagt Benjamin Grewe, aber ihr fehle ein entscheidendes Merkmal. Getty Images /baona

Das klingt wie in einem Science-Fiction-Film. Wie gehen Sie konkret vor, um künstlichen Intelligenzen in ihrem Sinne zu trainieren?

Was macht denn ein Baby oder Kleinkind? Als erstes bewegt es seine Arme hin und her und greift vielleicht ein Klötzchen und schaut, was sich verändert. Es merkt: ‹Wenn ich das Klötzchen von links nach rechts bewege, dann ändert sich mein Sichtfeld.› Diese einfachen Sachen versuchen wir in Algorithmen einzubetten.

Wir möchten eigentlich KI, die die Welt verstehen wie wir und auch ähnlich handeln wie wir.

Angenommen, es gelingt mittel- oder längerfristig Maschinen mit echter menschenähnlicher Intelligenz auszustatten: Was könnten diese dann praktisch leisten?

Also was ich mir wünsche, ist eine KI, die versteht, welche Aufgabe ich ihr gebe. Wenn ich ihr etwa sage, sie soll mir alle Publikationen zu einem Thema suchen und mir eine Zusammenfassung davon machen, und sie das auch macht. Sie versteht, was die Aufgabe ist und macht das selbstständig und ähnlich, wie ich das auch machen würde. Wir möchten eigentlich KI, die die Welt verstehen wie wir und auch ähnlich handeln wie wir.

Hätte der Mensch dann überhaupt noch eine Funktion?
Ich denke schon. Ich würde das in erster Linie als Assistenten sehen, dem man Aufgaben geben kann. Ich glaube, bis es wirklich KI gibt, die den Menschen deutlich übertreffen, braucht es noch seine Zeit.

Das Gespräch führte Damian Rast.

Echo der Zeit, 3.1.2023, 18 Uhr ; 

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