Der tiefreligiöse Carlo Acutis verstarb mit nur 15 Jahren an Leukämie. 18 Jahre später ist er auf dem Weg, heiliggesprochen zu werden. SRF-Religionsredaktorin Judith Wipfler erklärt, wie es zu einer Heiligsprechung kommt und warum die römisch-katholische Kirche ihn zum Schutzpatron des Internets machen will.
Warum wird Carlo Acutis heiliggesprochen?
Carlo Acutis war ein frommer Jugendlicher, der immer zur Messe ging. Er kreierte eine eigene Webseite: Dort dokumentierte und sammelte er sogenannte «eucharistische Wunder». Das machte ihn weltweit bekannt und beliebt. Hunderttausende, vor allem jüngere Katholikinnen und Katholiken, verehren ihn deshalb. Klar, dass sich die krisengeschüttelte römisch-katholische Kirche solch einen tadellosen jugendlichen Sympathieträger nur wünschen kann. Auch die Heiligenbilder zeigen ihn ganz modern: auf dem Mountainbike und am Computer.
Wie läuft eine solche Heiligsprechung ab?
Der Weg zur Heiligsprechung ist von der römisch-katholischen Kirche streng vorgegeben. Zunächst muss er oder sie seliggesprochen werden. Carlo wurde 2020 wegen eines Wunders seliggesprochen: Ein brasilianischer Junge soll 2013 von einer angeborenen Erkrankung der Bauchspeicheldrüse geheilt worden sein, nachdem er ein Kleidungsstück von Carlo Acutis berührt hatte. Für die Heiligsprechung ist ein weiteres Wunder nötig. Im Fall von Carlo betete eine Mutter an seinem Grab für die Genesung ihrer Tochter. Diese erwachte Tags darauf aus dem Koma. Nun hat Papst Franziskus dieses zweite postume Wunder bestätigt.
Ist die kirchliche Anerkennung von «modernen» Wundern üblich?
Wenn es sich um kein Martyrium handelt, braucht es ein rational nicht erklärbares Wunder, das vom Papst anerkannt wird. Das ist bis heute ein Spezifikum des römisch-katholischen Heiligenwesens. Papst Franziskus hat dem aber etwas Neues hinzugefügt. Er findet, dass auch Menschen, die ihr Leben im aufopfernden Dienst für andere aufs Spiel setzen, etwa Pflegende oder Ärztinnen und Ärzte in Kriegsgebieten, bald einmal als Heilige anerkannt werden könnten, auch ohne «Wunder».
Warum soll Carlo Acutis zum Schutzpatron des Internets werden?
Ob Bäcker, Schmiede, Lehrpersonen – die römisch-katholische Kirche kennt für so ziemlich alles Schutzpatroninnen und -patrone, die man um Hilfe und Beistand im Himmel bitten könne. Dem Internet fehlen bis anhin explizite Schutzpatrone. Zwei «klassische» Heilige sind da im Rennen: Johanna von Orleans, also Jeann d’Arc mit dem Schwert in der Hand. Sie ist die Heilige für das Fernmeldewesen, für Radio und Telekommunikation. Ferner: Isidor von Sevilla (gestorben 636) wegen seines immensen Wissens. Er schrieb eine Art Enzyklopädie, die alles damals vorhandene Wissen aufführte. Auch das passt. Und Carlo Acutis wäre als «Influencer Gottes» gut für Social Media geeignet.
Ist der 15-Jährige der Jüngste, der je zum Heiligen wurde?
Nein. Schon in der Antike gab es kleine Kinder, die mit ihren Familien Christenverfolgungen zum Opfer fielen und darum als heilig gelten. In der Neuzeit prominent und ebenfalls von Papst Franziskus heiliggesprochen sind die 11- und 12-jährigen Kinder von Fatima, denen dort Maria erschienen sein soll. Das machte Fatima nach Lourdes zum zweitgrössten Marienwallfahrtsort Europas. Diese beiden Kinder verstarben 1918 an der Spanischen Grippe. Auch sie wurden heiliggesprochen, nachdem einige Wunder berichtet wurden, die aufgrund ihrer Fürsprache bei Gott zustande gekommen sein sollen.