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Bin ich zu abgestumpft? Bin ich zu unpolitisch?
Aus Tagesgespräch vom 17.09.2024. Bild: SRF/David Karasek
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Nahostkonflikt und Kultur «Der Druck, sich zu positionieren, ist gross»

Seit zehn Jahren stehen Fatima Moumouni und Laurin Buser gemeinsam auf der Bühne – ein Spoken-Word-Duo der Gegensätze. Sie ist eine schwarze Frau, er ein weisser Mann. Sie lebt in Zürich, er in Basel. Sie hat muslimische, er jüdische Wurzeln. Ihr neues Programm heisst «Cold». Im Tagesgespräch nehmen sie Stellung dazu.

Fatima Moumouni und Laurin Buser

Spoken-Word-Poetin und Slampoet

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Die Spoken-Word-Poetin Fatima Moumouni stammt aus München und lebt in Zürich. Sie performt auf vielen Slam-Poetry-Bühnen im deutschsprachigen Raum. Sie engagiert sich für muslimischen Poetry Slam und gegen Rassismus. Laurin Buser ist ein Schweizer Slampoet, Schauspieler und Rapper. 2022 erhielten Fatima Moumouni und Laurin Buser zusammen den Salzburger Stier

Wie beeinflusst das Weltgeschehen, insbesondere der Nahostkonflikt, Ihre Kunst?

Laurin Buser: Vor einem Jahr waren wir mitten im Schreibprozess. Wir beschäftigten uns mit dem Thema der emotionalen Abgestumpftheit gegenüber dem Weltgeschehen und wurden während dieses Prozesses direkt von der Realität eingeholt. Der Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober zwang uns, uns direkt damit auseinanderzusetzen , wie man mit solchen Nachrichten umgeht und wie man darüber schreibt.

Es ist schwierig für mich, über die israelischen Kriegsverbrechen zu sprechen, ohne das Gefühl zu haben, dass mir allein aufgrund meiner Identität ein gewisser Antisemitismus zugeschrieben wird.
Autor: Fatima Moumouni

Fatima Moumouni: Unsere Positionierung mit all unseren Gegensätzen führt dazu, dass die Menschen gewisse Erwartungen an uns haben. Wenn dann so etwas passiert wie der Terroranschlag in Israel und danach der Krieg in Gaza, wissen wir, dass wir das nicht unkommentiert lassen können. Der Druck, sich zu positionieren, ist grösser geworden. Von mir als Muslimin wird erwartet, dass ich immer wieder betone, dass ich die Hamas nicht unterstütze. Andernfalls denken die Leute, ich sei eine Terroristin. Es ist auch schwierig für mich, über die israelischen Kriegsverbrechen zu sprechen, ohne das Gefühl zu haben, dass mir allein aufgrund meiner Identität ein gewisser Antisemitismus zugeschrieben wird.

Auf der Bühne befassen Sie sich mit der Abgestumpftheit und damit, wie viel Krieg und Weltgeschehen man noch an sich heranlässt. Was verstehen Sie unter Abgestumpftheit?

Moumouni: Dass man bestimmte Ereignisse nicht mehr für sich einordnen kann, dass sie einen nicht mehr berühren. Auf der anderen Seite besteht die Gefahr, dass man vom Weltgeschehen so sehr betroffen ist, dass man im Alltag nicht mehr funktionieren kann. Aus diesem Dilemma – zwischen Abstumpfung, die nichts mehr an einen heranlässt, und Betroffenheit, die einen handlungsunfähig macht – muss man einen Ausweg finden.

Für mich ist diese Reise eine Metapher für Fragen, die wir uns immer wieder stellen müssen.
Autor: Laurin Buser

Sich abzuschotten kann eine bewusste Entscheidung sein. Ab wann ist es Selbstschutz, und ab wann einfach nur Bequemlichkeit?

Buser: Wir haben uns gefragt, wo die Abstumpfung in uns selbst liegt. Wir haben eine Ich-Figur erschaffen, die ihre eigene Abstumpfung erkennt. Für mich ist diese Reise eine Metapher für Fragen, die wir uns immer wieder stellen müssen: Bin ich zu abgestumpft? Tue ich das aus Selbstschutz? Bin ich bereits ein unpolitischer Mensch?

Das Gespräch führte David Karasek, Mitarbeit: Géraldine Jäggi.

Krieg im Nahen Osten

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Die Konflikte in Israel, im Westjordanland und im Gazastreifen halten an. Hier finden Sie alle unsere Inhalte zum Krieg im Nahen Osten.

Tagesgespräch, 17.09.2024, 13:00 Uhr ; 

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