Innerhalb von vier Tagen stand die deutsche Rockband Rammstein viermal in Berlin auf der Bühne. Zuletzt begeisterten die sechs Musiker am Dienstagabend über 60'000 Fans im ausverkauften Olympiastadion – ungeachtet der Missbrauchsvorwürfe gegen den Frontsänger Till Lindemann. Nach der zweistündigen Show bedankte sich der 60-Jährige zunächst beim Publikum und fügte dann hinzu: «Denkt immer daran: Bösen Zungen glaubt man nicht. Die Wahrheit, die kommt doch eh ans Licht.»
Abgeänderte Songtexte fallen auf
Während der ersten beiden Konzerte in der deutschen Hauptstadt hat die Band die Songtexte einzelner Lieder umgeschrieben. So wurde beispielsweise im Lied «Angst» die Zeile «Alle haben Angst vorm schwarzen Mann» zu «Alle haben Angst vor Lindemann». Oder im Lied «Ohne dich» hiess es «die Sänger vögeln nicht mehr», anstelle von «die Vögel singen nicht mehr». Im Kontext der Missbrauchsvorwürfe gegen Till Lindemann können diese Änderungen wohl als Anspielung auf die seit Wochen andauernde Debatte verstanden werden. Beim Konzert am Dienstag verzichtete Rammstein auf solche abgeänderten Songtexte.
Proteste und Polizeieinsatz
Am Samstag kam es vor dem ersten Rammstein-Konzert in Berlin zudem zu Protesten. Aktivistinnen und Aktivisten forderten unter dem Slogan «Keine Bühne für Täter» ein Verbot der Shows. Während des Auftritts am Sonntag kam es ausserdem zu einem Zwischenfall, bei dem die Polizei einschreiten musste. Drei Frauen hatten sich an Kabelschächten zu schaffen gemacht, die zu Lautsprecherboxen in der Nähe der Bühne führten. Zwei Personen wurden von den Einsatzkräften abgeführt, die dritte Frau konnte unerkannt entkommen. Der Grund für die Störaktion war zunächst nicht bekannt.
Schwere Vorwürfe gegen Bandmitglieder
In den vergangenen Wochen haben mehrere Frauen, zum Teil anonym, Vorwürfe gegen Till Lindemann erhoben. Nach Konzerten soll es an Aftershowpartys zu beängstigenden Situationen gekommen sein, in denen der Rammstein-Sänger seine Macht missbrauchte. Dabei habe er weibliche Fans auch mit K.o.-Tropfen betäubt und sexuell missbraucht.
Erst vor wenigen Tagen sind zudem ähnliche Vorwürfe gegen den Keyboarder der Band, Christian «Flake» Lorenz, aufgetaucht. Demnach habe er zwei Frauen zu Beginn der 2000er-Jahre mutmasslich sexuell misshandelt.
Der Anwalt von Lorenz dementierte die Aussagen gegenüber deutschen Medien. Und auch Lindemann weist sämtliche Vorwürfe gegen ihn zurück. Bis zum Abschluss der laufenden Ermittlungen gilt für beide die Unschuldsvermutung.