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SRF-Community zu Glockengeläut «Es gibt keinen Grund, nachts alle Viertelstunde zu bimmeln»

Im luzernischen Hochdorf wurde das Glockengeläut auf Initiative einer 86-jährigen Bewohnerin reduziert. Der Fall sorgte nicht nur im Seetal, sondern auch in der SRF-Kommentarspalte für leidenschaftliche Diskussionen.

«Dong… dong… dong…» – die Kirchenglocke läutet, wie sie es schon seit Jahrzehnten tut. Für die einen ist es ein vertrauter Klang, der Geborgenheit und Tradition vermittelt. Für andere hingegen ist es ein akustischer Störfaktor, der sie um den Schlaf bringt oder den ruhigen Sonntagmorgen stört.

Zur zweiten Gruppe dürfte sich auch SRF-User Thilo Arlt zählen. Er verweist auf wissenschaftliche Studien, die belegen, dass regelmässiges Glockengeläut Schlafstörungen verursachen und somit die Gesundheit beeinträchtigen kann. «Energie verschwenden, um Lärm zu erzeugen: Ist das wirklich noch zeitgemäss?», fragt er. Einzelne Gerichtsurteile geben ihm recht, doch die Durchsetzung bleibt mühsam und oft nur im Einzelfall erfolgreich.

Blick auf ein Dorf mit traditionellen Holzhäusern in hügeliger Landschaft.
Legende: Ob sich auch im idyllischen Bergdorf Vals GR Widerstand gegen das Glockengeläut formiert? Keystone/arno balzarini

Mark Stalden stimmt zu und fordert klare Massnahmen: «Das Gebimmel sollte verboten werden. Man kann nicht mal am Sonntag ausschlafen, weil die Kirche ihre Schäfchen in den Tempel ruft.» Besonders in Städten, in denen mehrere Glockenspiele aufeinanderprallen, sei die Belastung gross.

Tradition vs. Ruhebedürfnis

Auf der anderen Seite stehen jene, die das Läuten als wichtiges Kulturgut betrachten und eine differenzierte Diskussion fordern. Stephan Baumann schlägt einen Kompromiss vor: «Wie wäre es, die Viertelstundenschläge ganz zu streichen, die Stundenschläge tagsüber zu belassen und nachts darauf zu verzichten? So würde sowohl den Traditionen als auch dem Ruhebedürfnis Rechnung getragen.»

Dass es Menschen gibt, die dies als Lärm empfinden, ist legitim. Aber nicht, dass im gleichen Atemzug Menschen und ihr religiöser Glaube verhöhnt werden.
Autor: Ursula Schmid SRF-Userin

Für Esther Jordi sind Kirchenglocken längst Teil ihres Lebens geworden. Sie wohnt nur 70 Meter von einer Kirche entfernt, deren Glocken rund um die Uhr läuten. «Ich höre das Geläut schon gar nicht mehr», beteuert sie. Für sie stelle sich die Frage der Lärmbelästigung schlicht nicht.

Ursula Schmid mahnt, die Diskussion sachlich zu führen: «Dass es Menschen gibt, die dies als Lärm empfinden, ist legitim. Aber nicht, dass im gleichen Atemzug Menschen und ihr religiöser Glaube verhöhnt werden.»

Einige Stimmen sehen die Verantwortung auch bei den Betroffenen selbst. Ueli Lang argumentiert, dass das Glockenläuten ebenso wenig überraschend ist wie der Geruch eines Schweinestalls in der Nähe eines Bauernhofs. «Wer beschliesst, im Umfeld einer Kirche zu leben, hat die Konsequenzen in Kauf zu nehmen.»

In dieselbe Kerbe schlägt Lyn Philippe. Sie würde ohnehin nicht in die Nähe einer Kirche ziehen, um solchen Diskussionen aus dem Weg zu gehen.

Die Frage nach der Notwendigkeit

Einigkeit scheint jedoch in einem Punkt möglich: Die Notwendigkeit des nächtlichen Glockengeläuts sollte überprüft werden. Christian Kunz findet: «Es gibt keinen Grund, nachts alle Viertelstunde zu bimmeln. Andererseits ist tagsüber ein Glockenschlag alle fünfzehn Minuten für die meisten Leute kein Problem.»

Die Lösung liegt wohl irgendwo in der Mitte – es bedarf einer respektvollen Auseinandersetzung, die Kompromisse ermöglicht. Das zeigt sich auch am Beispiel Hochdorf. Um es in den Worten der dortigen Kirchenratspräsidentin auszudrücken: «Lassen wir die Kirche im Dorf.»

Schweiz aktuell, 6.1.2025, 19:00 Uhr

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