Zwischen 12'000 und 15'000 Kirchenglocken gibt es in der Schweiz. In vielen katholischen Kantonen läuten diese noch heute im Viertelstundentakt. Das stört Margrit Mederlet-Muri, die in der Nähe der Kirche im luzernischen Hochdorf wohnt.
«Im Sommer hält man es draussen nicht aus. Man kann gar nicht mehr miteinander reden.» Die 86-Jährige hat deshalb beim Kirchenrat angefragt, ob er das Geläut reduzieren könnte.
Im Dorf und in den Leserbriefspalten entfachte daraufhin eine hitzige Debatte. «Jeder Mensch, der in die Nähe einer Kirche zügelt, weiss, dass Kirchenglocken läuten», schrieb etwa eine Leserin des «Seetaler Boten».
Eine Leserin der «Luzerner Zeitung» fand, zumindest in der Nacht sei das Geläut überflüssig. «Den Menschen, die sich nicht gestört fühlen und schlafen, ist der nächtliche Glockenschlag ohnehin egal.»
Andere Gemeinden schränken Möglichkeit für Einsprachen ein
Solche Diskussionen wollten andere Luzerner Kirchgemeinden bereits im Keim ersticken: In Reiden hat die Kirchgemeinde das Geläut vor ein paar Jahren ins Grundbuch eintragen lassen. Juristischer Widerstand ist so schwieriger geworden. Ein Kniff, den kurz darauf auch Entlebuch kopierte.
In Hochdorf entschied sich der Kirchenrat schliesslich für ein Entgegenkommen: Das Glockengeläut fällt nicht ganz weg, es dauert neu aber weniger lang.
Wir möchten den Gegnern und den Befürwortern entgegenkommen. So, dass die Kirche im Dorf bleibt.
Die Kirchgemeinde verzichtet beispielsweise während der Nacht auf den sogenannten Repetitionsschlag. Damit wird der Klang einer zweiten Glocke bezeichnet, die zur vollen Stunde die Uhrzeit wiederholt. Auch das Geläut vor Gottesdiensten wird in Hochdorf künftig reduziert.
«Wir möchten den Gegnern und den Befürwortern entgegenkommen. So, dass die Kirche im Dorf bleibt», sagt dazu Patrizia Boesch-Schibli, die Präsidentin des Kirchenrats Hochdorf.
Lärmstreit beschert Technikern neue Aufträge
Glockenschläge auszusetzen, ist technisch jedoch gar nicht so einfach umzusetzen, erklärt Thomas Muff, Geschäftsführer der Muff Kirchturmtechnik AG in Triengen. «Bei einer mechanischen Uhr wie in diesem Fall kann man nicht einfach das Uhrwerk abstellen. Denn das würde bedeuten, dass die Zeit nicht mehr stimmt.»
Oft tauche auch der Wunsch auf, die Kirchenglocken mögen leiser klingen. Dafür tüftelt Thomas Muff im Klanglabor. Seine neueste Idee: ein spezieller Klöppel, der leiser läutet.
Zurück nach Hochdorf. Hier bleibt das Kirchengeläut nun also immer noch rund um die Uhr bestehen. Allerdings reduziert. Für Anwohnerin Margrit Mederlet-Muri ist es ein gangbarer Kompromiss. «Für mich selber stimmt es so. Aber ich hätte den Leuten, die nachts Ruhe möchten, gerne geholfen.»
Bei der Frage nach der richtigen Menge Kirchengeläut scheint es den goldenen Mittelweg also nicht zu geben.