Zank um Kuhglocken flammt im «Kuhland» Schweiz immer wieder auf, sogar das Bundesgericht beschäftigte sich schon mit dem Gebimmel der Weidetiere. In Aarwangen (BE) erhob sich in den letzten Monaten die Bevölkerung – und zwar nicht gegen, sondern für das Glockengeläut.
Nachdem zwei neu zugezogene Paare bei den Gemeindebehörden Beschwerde gegen das Kuhglockengeläut eingereicht hatten, formierte sich eine regelrechte «Pro-Kuhglocken-Bewegung».
1100 Menschen wollen, dass Kuhglocken bleiben
Eine Gruppe von Anwohnenden lancierte kurzerhand eine Initiative, die neben dem Kuhglockengeläut zudem auch noch das Kirchengeläut bewahren will.
Es geht um viel mehr als Tierglocken. Es geht darum, wie wir Kultur und Tradition des Landes leben wollen.
Innert weniger Wochen unterzeichneten 1100 Menschen das Begehren, was rund einem Drittel der Stimmberechtigten entspricht. «Es geht um viel mehr als um Tierglocken. Es geht darum, wie wir als Schweizerinnen und Schweizer Kultur und Tradition unseres Landes leben, pflegen und bewahren wollen», sagte Andreas Baumann, Präsident des Initiativkomitees, zu SRF.
Weniger offen zeigten sich die beiden neu zugezogenen Paare, die Beschwerde gegen das Glockengeläut einreichten. Eine Partei hat ihre Beschwerde inzwischen zurückgezogen. Der andere Beschwerdeführer habe der Gemeindeverwaltung mitgeteilt, dass er wegziehen wolle, so Gemeindepräsident Niklaus Lundsgaard-Hansen zu SRF.
In Aarwangen treffen also verschiedene Bedürfnisse aufeinander. Denn die Gemeinde mit ihren knapp 5000 Einwohnenden sei stark geprägt von neuen Wohnquartieren, die in den letzten Jahren entstanden sind. «Der Konflikt ist für mich ein Ausdruck des Stadt-Land-Grabens», so Lundsgaard-Hansen.
Der Konflikt ist für mich ein Ausdruck des Stadt-Land-Grabens.
Viele Leute seien hinzugezogen. «Diese Menschen kommen zwar meist nicht aus Städten, aber aus Agglomerationen, sind weniger landwirtschaftlich geprägt», sagt Lundsgaard-Hansen, der selbst erst vor vier Jahren nach Aarwangen gezogen ist.
Kuhglocken-Initiative kommt vor Gemeindeversammlung
Trotzdem muss Aarwangen nun ganz offiziell reglementieren, wie Klang und Ruhebedürfnis unter Wahrung der Lärmschutzverordnung möglich sind. Denn die Glockeninitiative kommt bei der nächsten Gemeindeversammlung im Dezember aufs Tapet. Bis dann hofft der Kanton, die Kuhglocken-Beschwerde abschliessend behandelt zu haben, heisst es auf Anfrage.
Danach muss Aarwangen ein neues Reglement ausarbeiten, welches 2024 vors Volk kommt. «Wir wollen sicher nicht mit detaillierten Vorschriften alles auf Vorrat regeln», so Lundsgaard-Hansen. Denn einzelne Beschwerden von Privatpersonen seien so oder so auch in Zukunft möglich.
Derweil hat es der Kuhglocken-Streit sogar ins Museum geschafft: Das Ortsmuseum Langenthal hat eigens eine Sonderausstellung organisiert.
Die Schellen, der Stein des Anstosses, hängen dort an einem Holzgestell. «Bei Streitigkeiten wie in Aarwangen geht es gar nicht um Lärm, Lautstärke oder Dezibel. Sondern um Toleranz», sagt Museumsleiterin Jana Fehrensen.