Seit Monaten werden Gesichter von SRF-Moderatorinnen und -Moderatoren auf Sozialen Medien für dubiose Werbungsanzeigen missbraucht. Sandra Boner, Reto Lipp oder beispielsweise Mona Vetsch werben demnach indirekt oder direkt für «vielversprechende Investitionsmöglichkeiten». Das Bildmaterial wird ohne Einwilligung zweckentfremdet und manipuliert.
Im neuesten Fall kommt der Werbeaufruf in Form eines Deepfakes direkt aus dem Nachrichtenstudio. Das Video zeigt Tagesschau-Moderator Roger Aebli, wie er Werbung für eine Casino-App macht. Es ist das echte Studio und die echte Stimme des Moderatoren – einfach verändert.
«Wichtig ist, dass das Publikum weiss: Wir SRF-Moderatorinnen und -Moderatoren dürfen grundsätzlich keine Werbung machen – egal wofür», sagt Roger Aebli. Es sei eine «schlimme Entwicklung», wenn Menschen über solche Betrugsmaschen Geld verlieren. «Letztlich geht es dann auch um unsere Glaubwürdigkeit als Medienschaffende. Das ist unser höchstes Gut.»
Der Deepfake mit Roger Aebli:
Die Casino-Zocker-App gibt es mittlerweile nicht mehr in den gängigen App-Portalen. Mit grosser Wahrscheinlichkeit war es eine App mit betrügerischem Hintergrund – ein Spiel, bei dem man nur verlieren kann.
«Die Technologie wird noch viel besser werden», sagt Serdar Günal Rütsche. Er leitet das interkantonale Netzwerk zur Ermittlungsunterstützung in der digitalen Kriminalitätsbekämpfung (Nedik). «In Zukunft wird man formal gar keinen Unterschied mehr merken.» So werde es immer wichtiger, über den Inhalt zu differenzieren. Man müsse sich fragen: «Kann das überhaupt sein, was ich da sehe?»
Dann kommt nochmals ein Anruf und nochmals ein Anruf.
Bei dieser Masche gehe es zunächst darum, Opfer anzulocken. «Dann wird man aufgefordert, persönliche Daten, wie eine Telefonnummer oder E-Mail-Adresse, anzugeben», erklärt der Experte. Im persönlichen Austausch werden schliesslich «unglaubliche» Investitionsmöglichkeiten angeboten. «Auch wenn man vielleicht das erste Mal das Telefongespräch beendet, kommt nochmals ein Anruf und nochmals ein Anruf. Solange, bis man nicht mehr kommuniziert oder anfängt zu investieren.»
Die Behörden spüren eine massive Zunahme im Online-Anlagebetrug, so Günal Rütsche. «In der Schweiz kam es 2023 zu über 1400 Anzeigen mit einem Schadensbetrag von über 100 Millionen Schweizer Franken. Die Dunkelziffer dürfte um das x-Fache grösser sein.»
Auch Bilder mit Mona Vetsch tauchen immer wieder auf
Ähnlich läuft eine Masche mit gefälschten Online-Artikeln mit dem Gesicht von SRF-Moderatorin Mona Vetsch. Hier wird versucht, Menschen auf fragwürdige Finanzplattformen zu locken.
-
Bild 1 von 2. Bilder und Schlagzeilen wie diese werden beispielsweise für plumpe Phishing-Versuche verwendet, indem suggeriert wird, dass man mit der richtigen Geldanlage nicht so wie die gezeigte Person (hier Mona Vetsch) ende. Bildquelle: Facebook.
-
Bild 2 von 2. Kein Fake: Die Moderatorin äusserte sich erst kürzlich auf ihrem persönlichen Instagram-Profil zu den neuen Falschmeldungen. Bildquelle: Instagram/Mona Vetsch.
«Ich versuche, auf den Sozialen Medien zu warnen», sagt Vetsch. Aber: Regelmässig erhält sie Nachrichten, in denen Menschen offenbar auf die Werbung hereingefallen sind. «Viele schreiben mir: ‹Das klingt interessant, kannst du mir nochmals den Link schicken?›»
Ein Problem bei diesem Trick: Auch wenn die Bilder teils offensichtlich gefälscht sind, wirken die Artikel und Webseiten dahinter oft professionell.
SRF will Anzeige erstatten
«Das Ganze ist auch belastend für unsere Mitarbeitenden», sagt SRF-Direktorin Nathalie Wappler. Es sei unhaltbar, dass die bekannten und vertrauten Gesichter für solche Betrugsmaschen missbraucht werden.
Wappler hält fest: «Identitätsmissbrauch ist in der Schweiz neu strafbar. Wir werden zusammen mit den Moderatorinnen und Moderatoren Strafanzeige erstatten.»