Seit Monaten werden Gesichter von SRF-Moderatorinnen und -Moderatoren auf Sozialen Medien für dubiose Werbungsanzeigen missbraucht. Sandra Boner, Reto Lipp oder beispielsweise Mona Vetsch werben demnach indirekt oder direkt für «vielversprechende Investitionsmöglichkeiten». Das Bildmaterial wird ohne Einwilligung zweckentfremdet und manipuliert.
Im neuesten Fall kommt der Werbeaufruf in Form eines Deepfakes direkt aus dem Nachrichtenstudio. Das Video zeigt Tagesschau-Moderator Roger Aebli, wie er Werbung für eine Casino-App macht. Es ist das echte Studio und die echte Stimme des Moderatoren – einfach verändert.
Was sind Deepfakes?
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Manipulierte Videos und Bilder, sogenannte Deepfakes, sind in den Sozialen Medien weit verbreitet. Dahinter stecken Techniken der künstlichen Intelligenz, die weitgehend autonom Inhalte abändern und verfälschen können. Mittels sogenanntem «Face Swapping» werden teils Gesichter ausgetauscht. Und auch Stimmen können heute ebenfalls problemlos imitiert werden.
Deepfakes können mittlerweile mit handelsüblichen Computern und Gratissoftware erstellt werden. Das Resultat sind immer realistischer wirkende Medieninhalte, die von Laien oft nur schwer als Fake enttarnt werden können.
«Wichtig ist, dass das Publikum weiss: Wir SRF-Moderatorinnen und -Moderatoren dürfen grundsätzlich keine Werbung machen – egal wofür», sagt Roger Aebli. Es sei eine «schlimme Entwicklung», wenn Menschen über solche Betrugsmaschen Geld verlieren. «Letztlich geht es dann auch um unsere Glaubwürdigkeit als Medienschaffende. Das ist unser höchstes Gut.»
Der Deepfake mit Roger Aebli:
Die Casino-Zocker-App gibt es mittlerweile nicht mehr in den gängigen App-Portalen. Mit grosser Wahrscheinlichkeit war es eine App mit betrügerischem Hintergrund – ein Spiel, bei dem man nur verlieren kann.
Wie erkenne ich Deepfakes?
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Werden unglaubliche Versprechen gemacht? Passen die Aussagen der gezeigten Person überhaupt zu dem, was sie üblicherweise sagt? Und müsste ein Video aus dem SRF-Nachrichtenstudio nicht auch auf srf.ch zu finden sein? Solche inhaltliche Fragen können oft helfen, einen zweifelhaften Beitrag zu identifizieren.
Daneben können auch formale Aspekte Hinweise liefern:
Gesichtsausdruck überprüfen
: Eine unnatürliche Mimik oder ein leerer Blick können ein Hinweis darauf sein, dass es sich um ein Fake handelt. Gleiches gilt für eine unnatürlich glatte Haut, besondere Augenbrauen oder Lippenbewegungen.
Blick auf die Augen
: Überprüfen Sie die Augen des Sprechenden. Wirkt das Blinzeln natürlich?
Stimme und Tonfall
: Wenn die Stimme nicht zur Person passt oder sich unnatürlich anhört, könnte das ein Hinweis sein.
Unterschiedliche Qualität
: Wenn die Qualität des Gesichts und des Hintergrunds stark variiert oder zwischen Gesicht und Hals ein unscharfer Übergang auffällt, könnte es sich um ein Deepfake handeln.
Licht und Schatten
: Unregelmässige Schatten oder Lichtreflexionen könnten auf eine Bearbeitung hinweisen.
Bewegungen und Hintergrund
: Passt der Hintergrund nicht zur Situation oder sind die Bewegungen nicht flüssig?
«Die Technologie wird noch viel besser werden», sagt Serdar Günal Rütsche. Er leitet das interkantonale Netzwerk zur Ermittlungsunterstützung in der digitalen Kriminalitätsbekämpfung (Nedik). «In Zukunft wird man formal gar keinen Unterschied mehr merken.» So werde es immer wichtiger, über den Inhalt zu differenzieren. Man müsse sich fragen: «Kann das überhaupt sein, was ich da sehe?»
Dann kommt nochmals ein Anruf und nochmals ein Anruf.
Bei dieser Masche gehe es zunächst darum, Opfer anzulocken. «Dann wird man aufgefordert, persönliche Daten, wie eine Telefonnummer oder E-Mail-Adresse, anzugeben», erklärt der Experte. Im persönlichen Austausch werden schliesslich «unglaubliche» Investitionsmöglichkeiten angeboten. «Auch wenn man vielleicht das erste Mal das Telefongespräch beendet, kommt nochmals ein Anruf und nochmals ein Anruf. Solange, bis man nicht mehr kommuniziert oder anfängt zu investieren.»
Die Behörden spüren eine massive Zunahme im Online-Anlagebetrug, so Günal Rütsche. «In der Schweiz kam es 2023 zu über 1400 Anzeigen mit einem Schadensbetrag von über 100 Millionen Schweizer Franken. Die Dunkelziffer dürfte um das x-Fache grösser sein.»
Auch Bilder mit Mona Vetsch tauchen immer wieder auf
Ähnlich läuft eine Masche mit gefälschten Online-Artikeln mit dem Gesicht von SRF-Moderatorin Mona Vetsch. Hier wird versucht, Menschen auf fragwürdige Finanzplattformen zu locken.
«Ich versuche, auf den Sozialen Medien zu warnen», sagt Vetsch. Aber: Regelmässig erhält sie Nachrichten, in denen Menschen offenbar auf die Werbung hereingefallen sind. «Viele schreiben mir: ‹Das klingt interessant, kannst du mir nochmals den Link schicken?›»
Ein Problem bei diesem Trick: Auch wenn die Bilder teils offensichtlich gefälscht sind, wirken die Artikel und Webseiten dahinter oft professionell.
SRF will Anzeige erstatten
«Das Ganze ist auch belastend für unsere Mitarbeitenden», sagt SRF-Direktorin Nathalie Wappler. Es sei unhaltbar, dass die bekannten und vertrauten Gesichter für solche Betrugsmaschen missbraucht werden.
Sind Deepfakes illegal?
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Grundsätzlich sind Deepfakes nicht illegal. Es gilt jedoch: Wer Deepfakes einer Person erstellt, verstösst gegen deren Recht am Bild, deren Persönlichkeitsrecht oder gegen das Urheberrecht.
In dieser Frage ist auch der Grundsatz der Richtigkeit der Daten nach Artikel 6 Absatz 5 des neuen Datenschutzgesetzes zu erwähnen. Demnach muss jede Person, die Personendaten bearbeitet, sich über deren Richtigkeit vergewissern. Bei einer widerrechtlichen Datenbearbeitung stehen der betroffenen Person nach
Art. 30 ff. DSG
verschiedene Rechtsansprüche, wie die Löschung oder Vernichtung der Daten, zu.
Am 1. September 2023 ist zudem der Tatbestand des Identitätsmissbrauchs von
Art. 179 StGB
in Kraft getreten. Es geht dabei um die Verwendung der Identität einer anderen Person ohne deren Einwilligung, um dieser zu schaden oder um sich oder einem Dritten einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen.
Gelegentlich gelingt es, mittels einer Abmahnung, einer Anzeige oder einer Klage vor Gericht ein Fake zum Verschwinden zu bringen. Da die Verantwortlichen dieser Masche sowie grosse Plattformen wie Meta oder Google in der Regel im Ausland sitzen, gestalten sich die Ermittlungen allerdings schwierig, so der Anwalt und Experte für Recht im digitalen Raum, Martin Steiger,
im Gespräch mit Espresso
.
Wappler hält fest: «Identitätsmissbrauch ist in der Schweiz neu strafbar. Wir werden zusammen mit den Moderatorinnen und Moderatoren Strafanzeige erstatten.»
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