- Der Ständerat hat die Abschaffung der Stempelsteuer beschlossen, konkret: die Streichung einer Emissionsabgabe auf Eigenkapital.
- Diese Abgabe bezahlen Unternehmen, wenn sie sich frisches Eigenkapital beschaffen.
- Die SP hat dagegen bereits das Referendum angekündigt. Somit hat voraussichtlich das Volk das letzte Wort.
«Politischer Evergreen» – das wäre eine mögliche Bezeichnung für eine Vorlage, die seit Jahren ihre Runden im Bundeshaus dreht. Eine andere Bezeichnung wählte Ständeratspräsident Alex Kuprecht ganz am Ende der Debatte: «Wir kommen zur Gesamtabstimmung bei diesem ‹Ladenhüter›.»
Seit 2009 wird über die Abschaffung der Stempelsteuer diskutiert. Zur Debatte stand heute ein Teil dieses Projekts, der den Bund etwa 250 Millionen Franken kosten würde: die Abschaffung der Emissionsabgabe auf Eigenkapital. Das ist eine Steuer, die Unternehmen zahlen, die sich frisches Kapital besorgen – zum Beispiel, weil sie investieren wollen oder weil sie in einer Krise Geld brauchen.
Coronakrise verleiht Vorhaben neuen Schub
Der Bündner FDP-Ständerat Martin Schmid erinnerte daran, dass der Staat Milliarden an Covid-19-Krediten vergeben habe. Wenn Firmen sich nun selber frisches Kapital holen, könne das nur im Interesse des Staates sein. «Aus staatlicher Sicht sollten wir alles tun, um gerade jetzt die Eigenkapitalzuführung bei Aktiengesellschaften zu ermöglichen – und nicht noch diejenigen bestrafen, die sich genau im Sinne unserer Idee verhalten.»
Nein, umgekehrt, entgegnete der Solothurner SP-Ständerat Roberto Zanetti. Jetzt sei der schlechteste Zeitpunkt für eine Steuersenkung für Firmen. Die Wirtschaft erhole sich bereits wieder vom Coronaschock. Abgesehen davon steckten in Bern weitere Steuersenkungsprojekte in der Höhe von insgesamt fünf Milliarden Franken in der Pipeline, so Zanetti:
«Jetzt entziehen wir einem Staat mit diesen Einnahmenausfällen und Dutzenden Milliarden Covid-Auslagen Geld, um es in eine brummende Wirtschaft zu stecken? Für mich ist das ökonomischer Nonsens.»
Sogar höchste Zeit sei es für diese Steuersenkung, konterte Finanzminister Ueli Maurer. Er verweist auf die vorgesehene Steuerreform der OECD mit einer weltweiten Mindeststeuer. «Damit wird die Schweiz einen wichtigen Standortvorteil verlieren. Nämlich den Steuervorteil, den wir dank eines schlanken Staats gewähren konnten.»
Am Ende entscheidet wohl das Volk
Da habe dann aber das Volk das letzte Wort, kündigte der Freiburger SP-Ständerat Christian Levrat an. Der ehemalige SP-Präsident erinnerte an die früheren Abstimmungssiege gegen die Unternehmenssteuerreform und gegen höhere Kinderabzüge. Wenn man nicht einmal eine Steuersenkung für Familien durchbringe, fragte Levrat rhetorisch, wie wolle man dann eine für grosse Firmen gewinnen?
Das Schicksal dieses «Ladenhüters» entscheidet sich also voraussichtlich an der Abstimmungsurne – sofern die Vorlage am Ende der Sommersession die Schlussabstimmung passiert und das Referendum zustandekommt. Der frühestmögliche Termin für eine Abstimmung wäre Anfang nächsten Jahres.