Am 29. November 2009 hatten die Stimmberechtigten die Minarett-Initiative des Egerkinger Komitees mit über 57 Prozent Ja-Stimmen angenommen. Noch drei Wochen zuvor hatten in einer Umfrage erst 37 Prozent angegeben, sie würden ein Ja einlegen.
Am 7. März dieses Jahres kommt mit der Initiative für ein Verhüllungsverbot (Burka-Initiative) erneut eine Vorlage des Egerkinger Komitees zur Abstimmung. Sie richtet sich wieder gegen den politischen Islam und spricht wiederum eine Problematik an, die zwar politisch und emotional aufgeladen ist, in der Lebensrealität der meisten Menschen in der Schweiz aber keine grosse Rolle spielt.
In der heute publizierten SRG-Umfrage spricht sich mit 56 Prozent der Befragten eine klare Mehrheit für diese Initiative aus. Nimmt man den Massstab der Minarett-Initiative, dann könnten die Initianten bereits jetzt die Korken knallen lassen; das Volks-Ja scheint sicher.
Weshalb die Zustimmung sinken könnte
Es gibt allerdings gute Gründe, weshalb es am 7. März trotzdem ein Nein an der Urne geben könnte.
- Die Minarett-Initiative stand für eine fast revolutionäre Phase in der direkten Demokratie der Schweiz. Zwischen 2004 (Verwahrungs-Initiative) und 2014 (Masseneinwanderungs-Initiative, Pädophilen-Initiative) wurden acht Volksinitiativen angenommen, die mehrheitlich von der SVP lanciert oder unterstützt wurden. Diese Phase ist absolut einmalig in der Geschichte der Schweiz, und sie stoppte 2014 abrupt. Seither wurde keine einzige Volksinitiative mehr angenommen.
- Die SVP, mit der das Egerkinger Komitee inhaltlich und personell eng verbunden ist, hatte mit ihren Ausländer- und Abgrenzungs-Themen in den letzten Jahren einen schweren Stand. Die Durchsetzungs-, Selbstbestimmungs- sowie Begrenzungs-Initiative wurden deutlich verworfen. Die heftig bekämpfte erleichterte Einbürgerung der dritten Ausländergeneration dagegen ebenso deutlich angenommen. Diese thematische Fokussierung führte die SVP auch direkt in die Wahlniederlage im Herbst 2019.
- Seit den Wahlen 2019 hat sich die Erfolgsformel «jünger, weiblicher, grüner» auch in den Abstimmungen niedergeschlagen: im Nein zum Jagdgesetz, im äusserst knappen Ja zur Kampfjet-Vorlage und auch im Volksmehr bei der Konzernverantwortungs-Initiative. Jünger, grüner, weiblicher: das bedeutet auch mehr Nein-Stimmen bei der Burka-Initiative.
Die aktuelle Unterstützung für die Initiative für ein Verhüllungsverbot ist eindrücklich, und das Schweizer Stimmvolk ist immer wieder für eine Überraschung gut. Trotzdem deutet, wie oben dargelegt, einiges darauf hin, dass die Initiative den Weg vieler Initiativen in den letzten Jahren geht: Nach einer ersten Sympathiewelle überwiegt am Abstimmungstag die Ablehnung.