Víctor Jara sang über das Recht, in Frieden zu leben und kritisierte den Vietnamkrieg – seine Lieder gingen in den 1960ern und 70ern um die Welt. Jara war die chilenische Antwort auf John Lennon und galt als eine der wichtigsten Stimmen der «Nueva Canción Chilena» – ein Musikgenre, das traditionelle chilenische Musik neu interpretierte, im Stil der 68er.
Friedensaktivist war Jara, auch Lehrer, Theater-Regisseur – ein Liedermacher aus einfachen Verhältnissen. Er sang auch über das Leben der einfachen Leute. Zum Beispiel über das von Amanda: eine junge Chilenin, die sich in den Fabrikarbeiter Manuel verliebt hat.
Die Lieder von Víctor Jara
Jaras Lieder über das Leben der Arbeiter, gegen den Vietnamkrieg und für den Frieden beinhalteten auch kommunistisches Gedankengut. Denn Jara war überzeugter Kommunist. Das kostete ihn im September 1973 das Leben.
Gefangen, gefoltert und getötet im Fussballstadion
Angeführt von General Augusto Pinochet stürzten damals die Militärs die demokratisch gewählte Regierung von Präsident Salvador Allende. Noch am Tag des Putsches verhafteten die Militärs erste politische Gegner – so auch Víctor Jara, erzählt Mario Amorós. Der spanische Historiker hat eine Biografie geschrieben über das Leben des chilenischen Sängers: «Am Tag des Putsches befand sich Jara in einem Universitätsgebäude, zusammen mit tausend anderen linken Aktivisten. Die Armee verhaftete sie alle – und sperrte sie ins nationale Fussballstadion.»
Dieses Stadion gibt es heute noch. Während der Pinochet-Diktatur diente es als Gefängnis. Politische Gefangene wurden dort gefoltert und getötet – auch Jara. Am 16. September kommt es im Fussballstadion zum Massaker: Auch Jara stirbt, in einem Kugelhagel, getroffen von 44 Schüssen. Er hatte, das belegte später eine Autopsie, zudem 56 Knochenbrüche – das Ergebnis tagelanger Folter. «Jaras Ermordung war ein politisch motivierter Mord, einer der ersten der Diktatur», sagt Historiker Amorós.
25 Jahre Haft für den Mord – 50 Jahre nach der Tat
Nun, ein halbes Jahrhundert nach der Tat, sind sieben ehemalige Soldaten wegen des Mordes an Jara zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Sechs der inzwischen 73- bis 86-jährigen Täter müssen für 25 Jahre in Haft, wie der Oberste Gerichtshof in Santiago de Chile mitteilte. Ein weiterer Ex-Militär wurde zu acht Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Einer der Verurteilten nahm sich nach dem Schuldspruch das Leben.
Der Fall zeigt, wie sehr die Geschehnisse von damals Chile noch immer bewegen. Bis 1990 dauerte Pinochets brutales Regime. Heute regiert in Chile der jüngste Präsident der Welt, Gabriel Boric, ein Links-Progressiver. Zu seiner Regierung gehören kommunistische Ministerinnen. Víctor Jara hätte das wohl gefallen. Doch es gibt auch heute noch andere Stimmen in Chile: die Republicanos, rechtsaussen, mit Parteichef José Antonio Kast. Er sagt offen, nicht alles, was Pinochet gemacht habe, sei schlecht gewesen – und relativiert damit auch die Verbrechen der Diktatur.
In dem Stadion, in dem Jara starb, wird heute wieder Fussball gespielt. Vor ein paar Wochen gab es eine Gedenkfeier – und da klang aus den Stadionlautsprechern noch einmal die Stimme von Víctor Jara.