Der G7-Gipfel 2020 stand von Anfang an unter keinem guten Stern. Keinen einzigen Moment lang ging es bisher um eine inhaltliche Diskussion darüber, was die USA als Vorsitznation überhaupt erreichen wollten. Darüber, auf was sich die sieben wichtigsten westlichen Wirtschaftsnationen einigen sollten.
Stattdessen wurde wochenlang darüber gestritten, ob das traditionsreiche Gipfeltreffen auf einem Golfplatz von US-Präsident Donald Trump in Florida stattfinden darf.
Quersubventionierung einer Anlage von Trump mit Steuergeldern – selbst Republikaner sprachen von Korruption. Trump musste klein beigeben. Als Ersatztagungsort wurde Camp David auserkoren, das Landgut der US-Regierung.
Findet der Gipfel noch statt?
Später war von einem Video-Gipfel die Rede. Dann doch wieder von einem physischen Treffen in Washington. Um zu zeigen – so Trump –, dass die USA die Coronakrise hinter sich haben. Bloss: Merkel und die anderen Staats- und Regierungschefs waren wenig angetan, in die US-Hauptstadt zu reisen.
Nun ist von September die Rede. Oder von November. Mit Russland als Gast. Doch Russland will nicht bloss Gast sein am G7-Treffen, sondern wieder Vollmitglied, wie vor der russischen Annexion der Krim, als die G7 noch die G8 waren.
Das wiederum wollen die meisten G7-Staaten nicht. Ob also irgendwann dieses Jahr noch ein G7-Gipfel stattfindet, ist völlig ungewiss.
Es ist inzwischen auch unerheblich. Die Chance, die G7 zu nutzen, hat Trump längst vertan. Wichtige Ministertreffen, bei denen Gipfelbeschlüsse vorbereitet werden, fanden gar nicht statt. Der US-Präsident hat weder Ziel noch Vision für sein Vorsitzjahr.
Und gar kein Interesse am G7-Format, in dem sich einmal im Jahr die Staats- und Regierungschefs drei Tage lang mehr oder weniger informell austauschen. Internationale Koordination? Abstimmung? Multilateralismus? Auf dem Ohr ist Trump taub.
In der Vergangenheit oft Taktgeber
Gewiss: Der Klub der Mächtigen, die G7, ist ohnehin umstritten. Genauso wie die G20, bei der auch Länder wie China, Russland, Saudi-Arabien oder Brasilien dabei sind. Es ist eine Anmassung, wenn ein kleiner Kreis von Staaten beansprucht, die Weichen für die Welt zu stellen.
Andererseits ist der Kreis sämtlicher 193 Mitglieder der UNO zwar demokratisch besser legitimiert. Aber dort ist die Entscheidungsfindung unendlich langsam und man ist sich selten einig.
In der Vergangenheit schafften es die G7 mehrfach, im guten Sinne Taktgeber für die Welt zu sein, etwa nach der Erdölkrise Mitte der 1970er Jahre. Oder während der Schuldenkrise in Afrika. Erneut nach 9/11 und dem Aufkommen des dschihadistischen Terrorismus. Oder in der Klimapolitik. Die G20 wiederum hatte in der Finanzkrise 2008 ein kurzes Erfolgserlebnis.
G7 auf Tauchstation
Dieses Jahr lieferte die Coronakrise der G7 eine Steilvorlage. Hier hätten sie gemeinsam etwas anschieben können: Die koordinierte Entwicklung eines Impfstoffs. Die Stärkung der Weltgesundheitsorganisation WHO. Ein Nothilfeprogramm für die ärmsten von Corona betroffenen Staaten. Und eine Art Marshallplan, um den weltwirtschaftlichen Absturz zu verhindern.
Nichts von alledem ist passiert. Die G7 befinden sich auf Tauchstation. Die Steilvorlage war da. Doch Donald Trump schoss den Ball ins Aus. Und damit möglicherweise gleich auch die G7-Runde als weltpolitisch relevante Akteurin.