Heute Kiribati, morgen Samoa, übermorgen die Fidschi-Inseln. Der chinesische Aussenminister Wang Yi hatte ein strenges Programm. Jeder Schritt, jede Handbewegung und jedes Wort wurden von Politikern und Medien mit wachsender Nervosität verfolgt, von Washington bis Canberra.
Seit Jahren wächst der Einfluss Chinas in diesem Teil der Welt. Die Unterzeichnung eines Sicherheitspaktes zwischen Peking und den Salomonen-Inseln vor ein paar Wochen hatte im Nachbarland Australien schon beinahe zu einer Panik geführt. Sogar über die Schaffung einer chinesischen Militärbasis wurde spekuliert. Und jetzt diese Tour.
Doch einer der führenden Experten für die Beziehungen zwischen China und dem Pazifik beruhigt. Der Besuch des Chinesen sei vielleicht etwas überbewertet worden, meint Graeme Smith, Professor an der staatlichen Nationaluniversität. Diese Reise sei nicht die erste gewesen.
Schon 2006 hatte Wangs Vorgänger Kleinstaaten, die China zugewandt sind, besucht. Peking veranstalte solche Reisen immer dann, wenn es einen Prozess neu starten oder ins Rollen bringen wolle.
Diese Ziele verfolgt China
Laut Smith hat China im Pazifik drei Ziele. Nummer eins sei die Opposition gegen Taiwan. Peking wolle den diplomatischen Spielraum verkleinern, in dem sich das von China beanspruchte Territorium bewegen könne. Zehn von 14 pazifischen Staaten solidarisieren sich schon heute mit Peking, nur noch vier mit Taipeh.
Der zweite Grund für das Interesse am Pazifik sei strategisch. Bei einer chinesischen Invasion Taiwans sei vor allem der Norden der Region strategisch wichtig. Denn die amerikanische Kriegsflotte würde ihn zur Durchfahrt nutzen, sollte sich Washington entscheiden, Taiwan zu verteidigen. Vielleicht.
Der dritte Grund sei das Verlangen nach Nahrungsmittelsicherheit. Es wolle die enormen Fischgründe vieler Pazifikstaaten ausbeuten.
Dass das von Wang präsentierte regionale Abkommen über Sicherheit und Wirtschaft von der Mehrheit der besuchten Länder abgewiesen worden war, überrascht Smith nicht. Peking plane auf lange Sicht.
Der Vorschlag erinnere ihn an einen Markt in China, wo ein Verkäufer einem Kunden eine viel zu teure Jacke anbiete. Nur ein Idiot würde zu dem Preis Ja sagen. Aber so beginne man eben den Verhandlungsprozess.
Besorgnis in Australien
Die Reise Wangs hatte die eben erst gewählte sozialdemokratische Regierung in Australien alarmiert. Die neue Aussenministerin Penny Wong flog sofort ins Gebiet. Australien kümmere sich endlich wieder um den Pazifik, sagte sie. Nach Jahren der Vernachlässigung durch ihre konservativen Vorgänger.
Wong hatte eine zentrale Botschaft, als sie in Fidschi sprach. Im Gegensatz zur früheren Regierung anerkannte sie die existenzielle Bedrohung vieler Pazifikstaaten durch den steigenden Meeresspiegel. Für die Menschen im Pazifik sei Klimawandel kein abstraktes Gebilde oder ein politisches Argument. Es sei Realität.
Mit diesen Worten habe Wong Australien im Pazifik eine neue Autorität gegeben, sagen Beobachter. Der Experte Graeme Smith bestätigt: Das absolut grösste Sicherheitsbedenken der Menschen im Pazifik ist die Klimaveränderung. Alles andere sei sekundär, auch was Chinas Pläne angeht.